: Wo die Jägergeister wabern
TIERSCHUTZ Jäger drohen mit Klagen, Umweltverbände fühlen sich nicht ernst genommen: Wegen neuer Jagdzeiten gerät Niedersachsens Grünen-Agrarminister Christian Meyer unter Beschuss von allen Seiten
Niedersachsens Naturschützer haben ihre harte Kritik an der von Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) angeschobenen Neuordnung der Jagd bekräftigt. Meyers zum 1. Oktober in Kraft getretene Jagdzeitenverordnung erlaube den Abschuss von Tieren, die „im Bestand gefährdet“ seien, sagte Marita Wudtke vom Umweltschutzverband BUND zur taz: „Dabei sollte sich die Jagd auf existenzbedrohte Tierarten wie Rebhuhn, Waldschnepfe oder Iltis von selbst verbieten.“
Der grüne Meyer steht wegen seiner Verordnung seit Wochen unter Beschuss. Während Tierschützer ihm vorwerfen, vor der Jagdlobby eingeknickt zu sein, droht die Landesjägerschaft mit Unterstützung des Bauernverbands mit Klagen. Mitte September hatte der Minister die Verordnung unter Applaus von CDU und FDP entschärft: Die Jagd auf „Schalenwild“ – also auf Rehe, Hirsche und Wildschweine – gab er entgegen einem ersten Entwurf auch im Januar frei.
Meyer betont seitdem unverdrossen, ihm sei mit der neuen Verordnung ein „fairer Kompromiss“ gelungen. Dabei fühlen sich nicht einmal die seiner Partei nahestehenden Umweltschutzverbände ernst genommen: „Alle Bedenken hat das Landwirtschaftsministerium vom Tisch gewischt“, ärgert sich Wudtke über Fehlinformationen aus Meyers Ressort. So sei die Verlängerung der Abschusszeiten nicht von Naturschützern, sondern von den Jägern gefordert worden – „anders als vom Ministerium behauptet“.
Meyer agiere halbherzig, findet auch der Landeschef des Naturschutzbunds (Nabu), Holger Buschmann. Denn selbst mitten in Vogelschutzgebieten darf künftig etwa auf Graugänse geschossen werden – nicht aber auf Bläss- oder Saatgänse. Verwechselungen seien programmiert, warnt Buschmann. Die Gänsejagd in Vogelschutzgebieten gehöre vollständig eingestellt.
Doch in Meyers Ministerium wabert offenbar noch immer der Geist der CDU-nahen Jägerlobby durch die Gänge: In der Jagdzeitenverordnung preisen die Beamten des grünen Ministers selbst die bedrohte Waldschnepfe ernsthaft als „schmackhaftes Lebensmittel“. WYP