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Archiv-Artikel

Künstler bangen um Arbeitsplatz

GENTRIFIZIERUNG Preiswerte Ateliers sind Mangelware geworden, Künstler fürchten deshalb, an den Stadtrand verdrängt zu werden. Jetzt wollen sie sich dagegen wehren. Nur wie?

Seit 2011 gingen mehr als 850 Ateliers auf dem freien Immobilienmarkt verloren

VON ANDREAS HARTMANN

Florian Schmidt ist ein groß gewachsener Mann Ende 30 mit Bart, der seit Anfang 2014 einen Job hat, von dem bislang nur wenigen bekannt war, dass es diesen überhaupt gibt. Schmidt ist Atelierbeauftragter; er kümmert sich im Auftrag des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin darum, dass Künstler für nicht zu hohe Mieten einen Arbeitsplatz bekommen.

Derzeit geht es aber hauptsächlich um ein anderes Problem: Wie lässt sich verhindern, dass immer mehr Berliner Künstlern der Arbeitsplatz wieder genommen wird? Das Atelierbüro, dem Schmidt vorsteht, hat gerade neue Zahlen veröffentlicht: Danach sind seit 2011 mehr als 850 Ateliers auf dem freien Immobilienmarkt verloren gegangen. Für die rund 8.000 in Berlin lebenden Künstler werde die Lage immer schwieriger, denn „bezahlbare Ateliers sind quasi nicht mehr zu finden“.

Die schier endlos mäandernde Gentrifizierungsdebatte erstreckt sich nun also auch auf das Thema Künstlerateliers. Die Konstanten dieses Diskurses sind auch hier Fragen wie: Was passiert mit Berlin, wenn die Künstler weiter an die Ränder gedrängt werden? Sollte sich nicht auch die durchkapitalisierte Stadt weiterhin etwas soziale Durchmischung leisten? Hört im Senat irgendjemand zu, wenn Künstler von ihre Problemen berichten?

Viele Künstler scheinen von einem Ateliersterben überrollt zu werden. Das wurde deutlich auf einem „Vernetzungstreffen bedrohter Atelierhäuser“, zu dem das Atelierbüro von Schmidt in den Räumlichkeiten des Atelierhauses Mengerzeile in Treptow am Dienstagabend geladen hatte. Die Vertreter von acht Atelierhäusern, die es teils schon seit Jahrzehnten gibt und in denen sich Künstler auf eigene Initiative zu Ateliergemeinschaften zusammengeschlossen haben, schilderten ihre Situation. Für vier Atelierhäuser, so stellte sich schnell heraus, scheint die Sache sowieso schon gelaufen zu sein. Etwa für das Atelierhaus Mengerzeile selbst, das versucht hatte, mithilfe einer Stiftung, Kunstsponsoren und einem Kredit das Gebäude selbst zu erwerben. Doch die Erbengemeinschaft, der das Grundstück seit Kurzem gehört, hat die Verhandlungen mit den Künstlern einfach abgebrochen und an einen Investoren verkauft. Der wolle nun, so der Vertreter der Mengerzeile, die Ateliers in Wohnungen im oberen Preissegment umwandeln.

Was wäre eine Lösung? Mal wieder ein Gebäude besetzen? Druck auf die Politik ausüben? All so etwas wurde noch diskutiert. Dabei war eine gewisse Ratlosigkeit spürbar. Bei den meisten schien sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass zumindest für die eigenen Projekte die Hoffnung gering ist. Anders als vom „Clubsterben“ redet bislang auch kaum jemand davon, wie schrecklich es sei, dass die Ateliers aus der Innenstadt verdrängt würden. Florian Schmidt sieht seine Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass sich dies schnell ändert. „Bisher sind die Künstler auch noch gar nicht in Erscheinung getreten“, sagte er. Die nächsten Vernetzungstreffen werden zeigen müssen, ob diese Aussage dann nicht mehr gilt.