Elbvertiefung: Die Deiche sacken ab

Aus Sorge um ihre Deiche wehren sich Anwohner und Verbände auf beiden Ufern gegen Hamburgs Baggerpläne. Bei Cuxhaven sind bereits 450 Meter Wattfläche weggespült. Aus Schleswig-Holstein wollen 20 Kommunen klagen

Wenn Torsten Heitsch erst mal in Schwung gekommen ist, bremst ihn so leicht niemand mehr. „Unser Watt muss abgesichert werden“, fordert der Wasserbauingenieur aus Land Hadeln bei Cuxhaven: „Das kann so nicht weitergehen.“ Und belegt diese Forderungen mit anschaulichen Bildern und Messergebnissen vom niedersächsischen Elbufer. Es sind die Pläne Hamburgs, die Fahrrinne der Elbe zwischen dem hansestädtischen Hafen und der Mündung bei Cuxhaven erneut zu vertiefen, die für Aufruhr sorgt unter den Anwohnern hinter den Deichen. Hier bündeln sie sich am Freitagabend im schleswig-holsteinischen Elmshorn auf einer Informationsveranstaltung der örtlichen Grünen.

„Seit 2001 haben wir Absackungen in den Deichen, das Vorland ist weg“, berichtet Günther Hahl vom Deichbauverband Cuxhaven. Bei Flut stehe „die Nordsee jetzt volle Lotte auf dem Prallhang“. Und das führt am südlichen Ufer der Elbe vor allem bei kräftigem Nordostwind zu weiträumigen Verlusten an Vorland, zum Beispiel bei Otterndorf wenige Kilometer flussaufwärts.

Auf einer Breite von bis zu 450 Metern ist das Elbewatt dort seit der Elbvertiefung von 1999 weggespült worden, der Fluss strömt jetzt direkt am Deich vorbei. „Der Verlust an Watthöhe liegt bei etwa zwei Metern“, weist Heitsch anhand von Messungen nach, und die Strömungsgeschwindigkeit „ist höher geworden“. Nur wollten „die Herren“ aus Hamburg das partout nicht zugestehen, klagt Hahl. „Die hören uns an und nicken, und dann schreiben die das Gegenteil in ihre Planungsunterlagen.“ In diesen Plänen, die bis zum 20. April in 60 Orten entlang der Elbe öffentlich auslagen, werde die Deichsicherheit „nicht belegt, sondern einfach behauptet“.

Deshalb richten sich die Hoffnungen der Menschen hinter den Deichen durchaus „auf unseren Herrn Ministerpräsidenten“. Christian Wulff (CDU) hatte vorige Woche erklärt, den Hamburger Planungen nicht zustimmen zu können: „Ohne Deiche kein Land, kein Leben“, hatte er dem Regionalen Bündnis gegen die Elbvertiefung zugesichert, das ihm am Mittwoch 13.000 Protestunterschriften übergab. „Ich hoffe mal“, sagt Bündnissprecher Walter Rademacher vor den gut 50 Zuhörern im Elmshorner Industriemuseum, „dass er das Ernst meint.“

Auch auf schleswig-holsteinischer Seite regt sich der Widerstand, „obwohl das hier bei uns nicht so ein Problem ist“, wie der Oberdeichgraf der Kremper Marsch, Hans-Hermann Magens, einräumt. Denn Vorland, das in Niedersachsen weggespült werde, „kommt meist auf unsere Seite und stärkt unsere Deiche“. Dennoch wollen nun 20 Kommunen auf den Nordufer gemeinsam mit einer Sammelklage gegen die Hamburger Pläne vor Gericht ziehen, verkündet der Elmshorner Grüne Peter Hölzl. Denn das Absacken der Deiche „ist Fakt“, bekräftigt Rademacher. So lange die Ursache dafür ungeklärt sei, dürfe der Fluss „nicht schon wieder ausgebaggert werden“. SVEN-MICHAEL VEIT