Eine unglaubliche Karriere

DIENSTE Der Historiker Peter Hammerschmidt hat die umfangreichen Verbindungen des NS-Verbrechers Klaus Barbie zu den westlichen Geheimdiensten untersucht

Es ist eine unglaubliche Karriere, die der einstige Gestapo-Chef und „Schlächter von Lyon“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hingelegt hat. Klaus Barbie, einer der meistgesuchten Kriegsverbrecher der NS-Zeit, avancierte zwei Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches erst zum Agenten des US-Geheimdienstes, dann zum Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes.

Der Historiker Peter Hammerschmidt hat jetzt eine umfassende Biografie zu Barbie vorgelegt – und das gegen so manche Widerstände. So musste er über Jahre beim Bundeskanzleramt insistieren, um wenigstens teilweise Einblick in Barbies BND-Akte zu erhalten.

1947 wurde der untergetauchte SS-Mann vom militärischen Geheimdienst der USA, dem Counter Intelligence Corps (CIC), als Agent angeworben. Der Kalte Krieg hatte begonnen, und westliche Nachrichtendienste wie der CIA-Vorläufer CIC heuerten ohne Skrupel auch gesuchte NS-Verbrecher an, solange sie mit ihrem Wissen ihnen zu Diensten stehen konnten.

Ab Mitte 1948 führte Barbie in Augsburg einen Agentenring, das „Büro Petersen“. Dieser Ring spitzelte gegen KPD, SPD und den französischen Geheimdienst, der als kommunistisch unterwandert galt. Zu diesem Zeitpunkt muss Hammerschmidt zufolge Barbies Führungsoffizier schon gewusst haben, dass der ehemalige Gestapo-Mann in Frankreich wegen Mordes gesucht wurde. 1949 wurden Barbies Gräueltaten in der französischen Presse angeprangert, Paris verlangte die Auslieferung. Die USA schoben vor, über Barbie nichts zu wissen. Später beschlossen sie, so die Recherchen des Autors, Barbie mit Hilfe des Vatikans nach Bolivien zu bringen, wo er nach 1951 unter dem Namen Klaus Altmann Karriere machte.

Altmann stand in den 1960er Jahren als „V-43118“ auf der Gehaltsliste des BND, und bis 1968 war er über die Firma MEREX am bundesdeutschen Waffenhandel mit Lateinamerika beteiligt. In einem BND-Memorandum vom September 1966 heißt es lapidar: „Die Tatsache, dass V-43118 SS-Hauptsturmführer war, schließt nicht aus, ihn als Quelle zu verwenden“.

Barbie beriet die bolivianische Armee und den Geheimdienst in Verhör- und Foltertechniken. 1952 und 1954 wurde er in Abwesenheit in Frankreich zum Tode verurteilt. Das bolivianische Diktatorenregime schützte ihn aber über Jahrzehnte hinweg vor einer Auslieferung.

Erst als 1982 das Militär abdankte, brauchte man Klaus Barbie nicht mehr, er wurde ausgeliefert. Die Kohl-Regierung in Bonn wollte ihn nicht, Barbie wurde nach Frankreich abgeschoben. Am 4. Juli 1987 wurde der SS-Mann wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Barbie starb am 25. September 1991 im Alter von 77 Jahren in Lyon in Haft. WOLFGANG GAST

Peter Hammerschmidt: „Deckname Adler. Klaus Barbie und die westlichen Geheimdienste“. S. Fischer, Frankfurt/M. 2014, 560 S., 24,99 Euro