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Archiv-Artikel

„Das Energiegesetz ist überholt“

Freiburg gilt als Ökohauptstadt Deutschlands. Was kann Berlin in Sachen Energieeffizienz von der südbadischen Stadt lernen? Bei den Gebäuden ließe sich noch ziemlich viel sparen, sagt Klaus Hoppe

KLAUS HOPPE ist Leiter der städtischen Energiefachstelle in Freiburg im Breisgau.

Interview CATHERINE KIMMLE

taz: Herr Hoppe, ist Berlin eine Ökostadt?

Klaus Hoppe: Hm. Eigentlich möchte ich mir kein Urteil erlauben. Auf jeden Fall ist es so, dass es hier ein Energiegesetz gibt, das lange nicht den veränderten ökologischen Erwartungen angepasst worden ist. Es müsste auf den neuesten Stand gebracht werden.

Was würden Sie in Berlin anders machen?

Ein Feld wäre sicher das Gebiet der Kraft-Wärme-Kopplung: Für die Hausbesitzer besteht wohl kein Anschluss- und Benutzungszwang. Hier – und generell im Gebäudebestand – könnte man sich engagieren.

Welche Instrumente zum Klimaschutz wurden in Freiburg verwendet?

Freiburg hat sich, wie viele andere Städte auch, verpflichtet, bis 2010 die Kohlenstoffdioxid-Emission um 25 Prozent zu reduzieren. Leider sind aber auch wir noch nicht so weit, wie wir sein wollen.

Dennoch haben Sie schon einiges erreicht?

Ja, natürlich. Das erste Energieversorgungskonzept wurde bereits 1986 entwickelt. Ziel dabei war es, unter anderem von der Kernenergie wegzukommen und die Energieressourcen zu schonen. Deshalb haben wir schwerpunktmäßig die Kraft-Wärme-Kopplung ausgebaut und sind heute dabei, Biomasse zur Wärme- und Stromerzeugung weiter voranzutreiben. Hier wäre auch unser Förderprogramm zum Wärmeschutz bei Altbauten zu nennen, das wir gerade überarbeiten.

Und im Bereich energiebewusste Bauleitplanung?

In diesem Bereich versuchen wir, über städtebauliche Verträge mit den Bauherren den schonenden Umgang mit Energie zu verankern. So entwickeln sich neue Baugebiete, die weniger Energie verbrauchen. Und die, die sie noch verbrauchen, versuchen wir mit effizienten und erneuerbaren Versorgungsarten zu koppeln.

Gibt es ein Projekt, mit dem Sie besonders zufrieden sind?

Da gibt es viele.

Nämlich?

Nun ja, im Prinzip ist jedes neue Baugebiet, das ein Energiekonzept umsetzt, ein kleiner Erfolg auf dem Weg zu einem wirksamen Klimaschutz.

Würden Sie sagen, das Leben in Freiburg ist seither angenehmer geworden?

Das Leben in Freiburg, einer Kommune mit 200.000 Einwohnern, war vorher schon überaus angenehm. Nachhaltige Stadtentwicklung unterstützt dies natürlich zusätzlich.

Welche Gründe gibt es dafür?

Das liegt auch an der Bevölkerung, die an sich schon sehr umweltbewusst ist. Dies fängt an mit der Geschichte des Widerstandes der ganzen Region gegen ein geplantes Atomkraftwerk in den 70ern. Fortgeführt hat es sich bis heute mit engagierten Bürgern, auch im Rahmen der Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik.

Und im Bereich Wohnen?

Auch der Einzelne trägt seinen Teil dazu bei: Wer beispielsweise in einem Niedrigenergie- oder Passivhaus wohnt, fühlt sich wohler.

Energietage

Bei den 8. Berliner Energietagen diskutieren noch bis heute 3.000 Teilnehmer aus dem In- und Ausland politische, technische und ökonomische Konzepte zur Steigerung der Energieeffizienz. Umweltsenatorin Katrin Lompscher erhofft sich dabei Anstöße für die Entwicklung einer regionalen Klimaschutzpolitik.

Was verstehen Sie darunter?

Niedrigenergiehäuser sind Neubauten oder auch sanierte Altbauten, die das jeweilige gesetzlich geforderte energietechnische Anforderungsniveau unterschreiten. Passivhäuser wiederum brauchen keine Heizungsanlagen im herkömmlichen Sinne und haben so sehr niedrige Energiekosten.

Wo sehen Sie die Vorteile einer kleinen Kommune im Klimaschutz?

Kleinere Kommunen haben den Vorteil, dass die Bevölkerung enger zusammenwohnt und alles überschaubarer ist. Im Prinzip entspricht Freiburg ja einem Stadtteil von Berlin.

Na ja …

Nicht ganz. Große Kommunen haben natürlich im Prinzip die gleichen Handlungsfelder. Alle Kommunen aber haben eine Art Vorreiterrolle inne. Sie setzen Akzente für den Klimaschutz, bundesweit, aber auch weltweit. Sie probieren etwas aus, gehen nach vorne und sorgen letztendlich dafür, dass dies beim Land oder beim Bund in Gesetzen oder Verordnungen mündet.

Wo sehen Sie die Chancen für Berlin?

Berlin kann meines Erachtens gerade durch die Potenziale im Gebäudebestand sehr viel Energie einsparen. Aber ich kenne die Berliner Verhältnisse nicht gut genug.