LESERINNENBRIEFE
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Grün angestrichen marktliberal

■ betr.: „Palmer provoziert Grüne“, taz vom 31. 5. 11

Boris Palmers Thesen sollten auf keinen Fall in den „Giftschrank“ gesperrt werden, weil es Politiker/innen in grünen Wahlkämpfen schaden könnte! Im Gegenteil, sie sollten in aller Öffentlichkeit diskutiert werden, damit diejenigen, die die Grünen wählten/wählen erfahren, welche Anpassungsdebatten mit Größenwahnfantasien in der Partei kursieren, um in „Wählerschichten vorzudringen, die bislang auf Union und FDP festgelegt waren“ (Palmer). Haben wir’s nicht schon geahnt mit dem Wahl-„Sieg“ von Baden-Württemberg und anderen über 20-Prozent-Ergebnissen?! Die Grünen nun neue „Volkspartei“ laut medialem Getöse?! Tja, dann lässt sich das Eintreten/Kämpfen für Minderheiten- und Menschenrechte (wie Lesben/Schwule) leider nicht mehr stimmenwirksam verkaufen und müsste ganz schnell auf dem „Altar“ Richtung Volksparteisehnsüchte „geopfert“ werden zum Wohle unserer zukünftig grün angestrichenen konservativ-marktliberalen neuen Volkspartei. Lasst alle an euren programmatischen Debatten teilhaben! Für eure Wähler/innen ist es wichtig, wie weit ihr noch gedenkt, euch Richtung bürgerliche (Macht-)Mitte zu bewegen und auch diejenigen laut zu hören, die wie Volker Beck und Gesine Agena noch im Bewusstsein haben, warum und wofür die Grünen bisher überhaupt von vielen gewählt werden!

KATHY CZAJA, Düsseldorf

Nato-Terrorismus

■ betr.: „Zivile Opfer bei Nato-Angriff“, taz vom 30. 5. 11

Wieder sind deutsche Soldaten im Krieg gegen Afghanistan ums Leben gekommen. Und unser neuer Soldatenminister de Maizière redet von einem „feigen, anonymen Anschlag“, bei dem diesmal sogar ein General verletzt wurde. Ist es nicht auch Terrorismus, wenn Nato-Soldaten seit zehn Jahren das Land mit Krieg überziehen? Ich erinnere an den Beschuss eines Trauerzugs afghanischer Mensch vor Kurzem. Wir Friedensbewegte fordern den sofortigen Abzug der Nato-Soldaten, auch der Bundeswehr. Das wünscht auch die Mehrheit der Bundesbürger. ERNST BUSCHE, Bremen

Hass gesät

■ betr.: „Zivile Opfer bei Nato-Angriff“, taz vom 30. 5. 11

Wie konnte es nach angeblich „humanitärem Einsatz der Bundeswehr“ (Schröder) in den Nordprovinzen zu „kriegsähnlichen Zuständen“ (Merkel) kommen? Wie konnte es dazu kommen, dass der Hass in einer bis dahin befriedeten Region zu immer mehr Anschlägen und „Krieg“ (Gutenberg) eskaliert? Zumal die Bundeswehr doch angetreten war, Afghanistan zu befrieden und sicherer zu machen? Wie viele Kinder müssen noch bombardiert, wie viel Hass noch gesät und wie viele Traumatisierte, Schwerverletzte und Särge müssen noch zurückkommen? KURT LENNARTZ, Aachen

Welt ohne Atomkraft

■ betr.: „Mühen der Ebenen“ von Mathias Greffrath, taz vom 1. 6. 11

Was haben Sie gegen aktiven Widerstand, Herr Greffrath? Sie wollen Menschenketten statt Blockaden für die nächsten zehn atomaren Jahre, bei denen nicht mehr für den sofortigen Ausstieg (also wirklich, völlig „lächerlich“ klingt diese Forderung im Nachhinein, jetzt, da der Ausstieg mit festem Datum steht), sondern viel „zweckorientierter“ für eine gute Energiewende die Hände gehalten werden können. Wendland „macht keinen Sinn mehr“ und die Menschen, die die Pfingstblockaden in Brokdorf planen, sind wohl nicht über die aktuellen Ereignisse in Berlin informiert, glauben Sie. Ich lese immer noch die taz, weil ich glaube, in ihr ab und zu aufblitzen zu sehen, dass vor allem Widerstand und aktiver Protest für eine linke Bewegung unersetzlich sind. Nur diese können Alternativen zu einer Welt des Finanzmarktkapitalismus, der Ausbeutung und Repression aufzeigen. Dieses Bild hat Ihr Artikel ziemlich verrückt. Es gehe nur noch darum, „den Müll nun sicher zu verstauen“, so wie die zu große Reisetasche im Kofferraum? Nein, die Anti-Atom-Bewegung steht nicht am Ende ihres Aktivismus! Wir brauchen eine Welt ohne Atomkraft. Dafür kämpfen wir in Brokdorf und im Wendland auch dieses Jahr wieder! JOEY SYRÉ, Berlin

Deckmantel „Ausstieg“

■ betr.: „Energiewende mit Schweinereien“, taz vom 1. 6. 11

Unter dem Deckmäntelchen des „Ausstiegs“ wird ein Konzept vorgestellt, welches alles andere als „ethisch“ legitimiert ist. Ohne eine Lösung bei der Endlagerung werden die AKW weiterlaufen und erst nach mehr als zehn Jahren abgeschaltet. Solange herrscht Ruhe an der Front. Mit der „Kaltreserve“ hat man sich ein Hintertürchen offen gehalten, um einen der älteren Reaktoren wieder ans Netz gehen zu lassen. Insgesamt bleibt diese „Energiewende“ weit hinter dem rot-grünen Ausstiegskonsens aus dem Jahre 2000 zurück, der eine schrittweise „Abschaltung“ vorsah, sodass sich die Energiemärkte darauf einstellen konnten. CHRISTIAN LUKNER, Bonn