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Archiv-Artikel

Müllers Aktie steigtDer Kompromiss

Glück auf gehabt: RAG-Chef Werner Müller darf sein Unternehmen als Ganzes an die Börse bringen. Die Berliner Koalition erteilte Zerschlagungs-Plänen eine Absage. Chronik einer Wiederauferstehung

Am 7. Februar einigen sich Bund und Länder mit RAG und IG BCE nach heftigen Auseinandersetzungen auf ein verbindliches Datum für den Kohleausstieg: 2018 soll die letzte Zeche schließen. Landesvater Jürgen Rüttgers (CDU) feiert den Kohlekompromiss als „großen Erfolg“ für NRW. RAG-Chef Werner Müller (gefühlter Sozi) macht sich fit für den Börsengang und ordert die Briketts für das erste Grillfest der neuen Steinkohlestiftung.

Der Fall

Jürgen Rüttgers will keinen „Nebenkönig an der Ruhr“. Der Landeschef opponiert dagegen, dass Müller Vorsitzender der neuen Kohlestiftung wird. „Die Ruhrkohle gehört nicht einem Mann“, sagt Rüttgers am 5. Mai auf dem CDU-Landesparteitag in Siegburg. Zugleich setzt sich Anteilseigner RWE von Müller ab: Die Essener fühlen sich beim Verkauf der RAG-Tochter Saar-Ferngas ausgetrickst und werfen Müller „Pflichtverletzung“ vor, weil der den Aufsichtsrat nicht ausreichend informiert habe. Für den 15. Mai wird eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung anberaumt. Thema: Die Zukunft Müllers.

Der Tiefpunkt

Über Müller kreisen die Geier: Das Chemieunternehmen Lanxess bietet am 6. Mai bis zu sechs Milliarden Euro für die Übernahme der RAG-Tochter Degussa – viel mehr, als der integrierte Börsengang der gesamten RAG bringen würde. Angeblich wirbt Lanxess mit der Unterstützung von Jürgen Rüttgers. Müllers Konzern droht die feindliche Übernahme.

Die Zukunft

Die RAG besteht weiter, wo Müller bleibt weiß keiner. Die Struktur der Stiftung und die Besetzung des Chefpostens sind weiter offen. Vielleicht schnappt er sich die letzte Lore, geht zurück in die Politik – und übernimmt mit der SPD einen neuen Sanierungsfall.

Die Wende

Die für gestern geplante Sitzung des RAG-Aufsichtsrats zum „Fall Müller“ wird kurzfristig auf den 5. Juni verschoben. Statt dessen heißt es aus Berliner Koalitionskreisen: die Zerschlagung der RAG ist vom Tisch. Der Börsengang kann kommen. Jürgen Rüttgers spricht von der „industriepolitisch besten Lösung“ für NRW. Werner Müller ordert Bratwurst und Pils.