LESERINNENBRIEFE
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Sprossenverleumdung

■ betr.: „Es gilt die Unschuldsvermutung“, taz vom 7. 6. 11

Als direkt Betroffene des Generalverdachts von Sprossen als Quelle der Ehec-Infektion bin ich erfreut, dass einige Medien doch noch an der Unschuldsvermutung festhalten. Wir produzieren seit 22 Jahren Keimlinge und Sprossen und es gab bisher keine Ursache zur Annahme, dass Sprossen im Allgemeinen ein gesundheitliches Risiko darstellen. Die derzeitige Darstellung ist eine glatte Verleumdung.

Die Tatsache, dass es sehr schwer sein wird, den tatsächlichen Infektionsweg zurückzuverfolgen, gibt Grund zur Annahme, dass hier ein Verursacher gesucht wird, der nicht in der Lage ist, das Gegenteil zu beweisen. Die Sprossenproduzenten im Lande sind mit einem relativ geringen Umsatz im Vergleich zu anderen Gemüseanbauern auch ein nahezu ideales Opfer. Hier trifft es wenige Einzelne, wenn auch sehr hart – wir haben die Produktion komplett einstellen müssen und unsere 13 Mitarbeiter in bezahlten Urlaub entlassen.

SUSANNE HERTLING-RITTER, Loccum

Dichte Beschreibung

■ betr.: „Im Land der Tarnkappen“, taz vom 8. 6. 11

Ich hatte früher Kritik an der Kolumne von Frau Gümüsay geäußert und will jetzt meine Ansicht relativieren: Der Charakter der Kolumne hat sich verändert, Frau Gümüsays Blick ist weniger analysierend und bewertend, sie besinnt sich stärker auf ihre offenkundige Fähigkeit zur dichten Beschreibung. Auf diese Weise wird dem Leser die Wahrnehmung einer Frau mit Kopftuch sensibel und anschaulich vermittelt, er wird vielleicht sogar dazu motiviert, eigene Wahrnehmungsmuster zu prüfen. Der Beitrag über Kopftuchträgerinnen in Ägypten war sehr gelungen! BEATE REIMERS, Berlin

Gaza-Flotte fährt auch ohne Gysi

■ betr.: „Gysi versenkt Gaza-Flottille“, taz vom 9. 6. 11

Nun ist die Gaza-Flotille glücklicherweise nicht auf Gysi und die Linke angewiesen (über 1.000 Leute haben sich für die Fahrt beworben), und so wird sie also auch ohne deren Unterstützung fahren. Angesichts der total verfahrenen Situation in Israel/Palästina ist es ein Zeichen von Feigheit, dass die Linke noch nicht einmal eine Diskussion über die Boykottbewegung (BDS) und einen gemeinsamen, säkularen Staat zulässt. Die Worte von der „internationalen Solidarität“ erscheinen da besonders hohl. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Kritische Anfrage der SPD

■ betr.: „Gysi versenkt Gaza-Flottille“, taz vom 9. 6. 11

Die taz schreibt, ich hätte nicht inhaltlich gegen den Antrag des Fraktionsvorstands der Linksfraktion argumentiert, wonach sich Abgeordnete und Mitarbeiter zukünftig weder an Initiativen zum Nahostkonflikt, die eine Einstaatenlösung für Israel/Palästina fordern, noch an Boykottaufrufen gegen israelische Produkte und an der diesjährigen Gaza-Flottille beteiligen sollen.

Das ist nicht richtig. Ich habe gegen Denk- und Debattenverbote argumentiert, indem ich beispielsweise die Frage gestellt habe, ob eine Zweistaatenlösung, für die die Linke eintritt, angesichts der Siedlungspolitik Israels überhaupt durchsetzbar ist. Ähnlich auch die SPD in ihrer kleinen Anfrage vom 11. Mai an die Bundesregierung: „[…] für wie wahrscheinlich hält die Bundesregierung die Implementierung einer Zweistaatenlösung angesichts der Zersiedelung des Westjordanlandes durch den Siedlungsbau.“

Außerdem habe ich mich gegen Vorverurteilung von Mitgliedern und Mitarbeitern der Fraktion gestellt, deren Zitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden und die keine Gelegenheit hatten, sich zu diesen Vorwürfen zu äußern. Auch wenn ich selbst nicht teilnehmen kann, werde ich die diesjährige Gaza-Flottille, an der sich ja auch Abgeordnete der Europäischen Linken beteiligen, wieder solidarisch begleiten. CHRISTINE BUCHHOLZ, MdB Die LINKE, Hessen/Berlin