WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Der politische Islam und Deutschland
Sätze, die sitzen: „Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus“ verspricht das eine Buch. Und: „Nazis, Geheimdienste und der Aufstieg des politischen Islam im Westen“ das andere. Die Rede ist von zwei Werken, die zum ersten Moscheebau in Deutschland in München erschienen sind.
Ian Johnsons Titel heißt „Die vierte Moschee“, ist im Stuttgarter Klett-Cotta-Verlag erschienen, und wenn man der NZZ folgen will, dann verbindet Johnson darin „die Tugenden des investigativen Journalismus mit jenen des Historikers“. Ohne das Buch sei „der Aufstieg des Islam in Deutschland nicht mehr zu erzählen“, urteilte auch die Süddeutsche Zeitung. Nicht weniger schlecht schneidet Stefan Meining, Redakteur beim ARD-Magazin „Report“, ab. Mit seinem beim C. H. Beck verlegten Band „Eine Moschee in Deutschland“ ist dem Focus zufolge nicht weniger als „der Gründungsakt des politischen Islam in der westlichen Welt geklärt“.
Beide Autoren erzählen eine vertrackte Geschichte. Sie beginnt im Dritten Reich, die Nationalsozialisten suchen nach Gegnern der Sowjetunion. Fündig werden sie unter den turkstämmigen Völkern des Landes, muslimische Freiwillige kämpfen ab 1943 an zahlreichen Fronten für das Deutsche Reich. Personal und Strukturen retten sich anschließend über das Ende der NS-Zeit hinweg. Gefördert vom US-Geheimdienstes CIA blüht das Netzwerk der Muslimbrüder erst richtig auf. Personell laufen die Kontinuitäten immer wieder bei einem Verein in München zusammen, dem es Ende August 1973 endlich gelingt, ein erstes islamisches Gotteshaus in Deutschland zu eröffnen. Auch beim 11. September soll der Verein eine eminente Rolle gespielt haben – als Geldbeschaffer für das Netzwerk al-Qaida. Wie gesagt, einer vertrackte Geschichte mit Tatort im Freistaat Bayern.
■ Wolfgang Gast ist Redakteur der taz Foto: privat