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Archiv-Artikel

Umbau statt Schließung

ODENWALDSCHULE Die Reformschule verwandelt sich in eine gemeinnützige GmbH, um mehr Geld akquirieren zu können. Sinkende Schülerzahlen

BERLIN taz/dpa | Trotz der Missbrauchsskandale soll es weitergehen: Die Odenwaldschule wird umgebaut, zuvorderst in ihren Organisationsstrukturen. Am Freitagabend hat die Schule im hessischen Heppenheim beschlossen, die Rechtsform zu ändern und sich vom eingetragenen Verein zu einer gemeinnützigen „Betriebs-GmbH“ zu wandeln.

Hintergrund sind die aufgekommenen finanziellen Probleme, die im Fortlauf des Missbrauchsskandals entstanden sind. Der Vorsitzende des Trägervereins, Gerhard Herbert, teilte mit, dass hinter der Betriebs-GmbH künftig eine neue Stiftung als alleiniger Gesellschafter stehen soll. Mithilfe der Stiftung will man neue Gelder akquirieren, also Unterstützer auch jenseits des Trägervereins, der dann zum Förderverein wird, finden.

Damit folgt die Schule den Vorschlägen der Aufsichtsbehörden. Beschlossen hatte sie die Umwandlung am Freitag; bei rund 30 Stimmen habe es kein Gegenvotum und nur eine Enthaltung gegeben, so Herbert.

Kritiker wie Norbert Denef vom NetzwerkB für die Opfer von sexueller Gewalt halten nichts von derartigen Operationen. Wie Denef der taz sagte, wäre die einzig logische Konsequenz aus den vergangenen Ereignissen die Schließung der Schule. Eine Aufarbeitung finde bei einer Weiterführung kaum statt, sie brauche Zeit. Eine Umwandlung in ein Gedenkzentrum sei ebenfalls ein denkbarer Schritt, so Denef, damit es endlich zu einem Akt der Versöhnung kommen könne.

Nachdem im Jahr 2010 der Missbrauchsskandal um die einstige Vorzeigereformschule erneut untersucht wurde – die bekannten Vorfälle reichen bis in die siebziger Jahre zurück, man geht von mindestens 132 Opfern aus –, ist die Zahl der Anmeldungen deutlich zurückgegangen. Trotzdem gibt es weiterhin Befürworter eines Erhalts der Schule, die einst auch Klaus Mann, Joachim Unseld, Daniel Cohn-Bendit oder Jakob Arjouni besucht hatten. Die Aufsichtsbehörden müssen dem Umbau noch zustimmen. RENÉ HAMANN