: Jetzt aber aufgeblüht!
Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die … Blumenläden. Ein bunter Strauß Notizen zum Blumenkauf
Auch wenn der Himmel wieder grau verhangen ist: Der Frühling kommt bestimmt und mit ihm die Lust an Farben und Gerüchen. Die Deutschen lieben Blumen offenbar besonders – oder sie sind besonders traditionell beim Schenken: Im europäischen Vergleich bewegt sich Deutschland beim Konsum von Schnittblumen an der Spitze. Im Jahr 2005 lag der Umsatz bei rund 3,2 Milliarden Euro; jeder Bundesbürger lässt also per anno etwa 40 Euro dort, wo er Blumen kaufen kann. Und das sind mittlerweile nicht nur ausgewiesene Blumenfachgeschäfte, sondern zunehmend auch Franchise-Ketten, Supermärkte oder Tankstellen. Wichtigstes Lieferland sind die Niederlande – mit einem Importanteil von mehr als 80 Prozent. Mit großem Abstand folgen Italien, Costa Rica, die USA, Kenia, Israel und Ecuador.
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Bis in die jüngste Zeit hatte ein Schlagertext Gültigkeit, den „Blacky“ Fuchsberger 1953 für seine damalige Gattin Gitta Lind geschrieben hatte: „Blumen für die Dame“. Noch heute gibt es kaum ein Fernsehshow-Finale, bei dem nicht jeder weibliche Gast ein Blumengebinde überreicht bekäme – die Herren schauen in die Röhre. Was spricht dagegen, dass auch Männer Blumen mögen?
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Ein bisschen mehr Emanzipation, bitte, scheint sich auch Fleurop gesagt zu haben und zeigte in seinem diesjährigen TV-Spot zum Valentinstag einen smarten Angestellten, der in seinem Großraumbüro per Bote einen üppigen Blumenstrauß überreicht bekommt. Sofort munkelt das ganze Büro, wer ihm wohl diesen Liebesgruß geschickt haben mag. Der Beschenkte gibt sich so ahnungslos wie seine KollegInnen. Die Kamera fährt hin und her zwischen den tuschelnden Angestellten und bleibt am Ende an dem etwas unscheinbaren Kollegen vom nächsten Schreibtisch hängen. Der war das? Die Pointe ist gut gemeint, aber am Ende ist doch wieder ein Mann der Schenkende. Dabei sollen doch gerade Frauen dazu gebracht werden, nicht nur sich selbst mit Blüten zu belohnen (was sie ohnehin tun), sondern auch den Mann mit blumigen Aufmerksamkeiten zu erfreuen.
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Des Deutschen liebste Blume ist nach wie vor die Rose, besonders gern gekauft zum Valentins- und Muttertag. Allein die Lufthansa flog zum diesjährigen „Tag der Liebenden“ rund 1.000 Tonnen Rosen nach Europa. Auch Tulpen, Gerbera und Chrysanthemen sind sehr beliebt.
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Ein Blumengeschenk will allerdings wohl bedacht sein. Es kann als Sympathiebekundung gedeutet werden, aber auch als Übergriff. Dann nämlich, wenn das florale Mitbringsel eine unangebrachte Verbindlichkeit zwischen Empfangendem und Schenkendem stiftet. Ein ordentlicher Blumenstrauß sollte eine Woche halten – Pech, wenn diese Frist die Geduld des Beschenkten überstrapaziert. Eine Onlinebefragung der Partneragentur Parship ergab zudem, dass nur 11,7 Prozent der Befragten Blumen bei einem ersten Treffen als angemessen empfinden. Anders gesagt: 88,3 Prozent geht ein Strauß zu weit.
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An Popularität gewinnt auch der Onlineverkauf von Schnittblumen. Inzwischen wird fast jeder zwölfte Blumenstrauß im Internet verkauft. Etwa acht Prozent ihres Umsatzes machen die Blumenhändler über den Internetverkauf. Die Frische scheint hierbei weniger das Problem als vielmehr die Auswahl: Sehen die abgebildeten Musterblumensträuße im Grunde nicht alle gleich aus? Was nicht zuletzt an der seit Jahren grassierenden Unsitte liegen dürfte, durch massenhafte Beigabe von Gräsern und Blättern ein irgendwie kugeliges Volumen zu erzielen: das Biedermeiersträußchen in groß.
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Die Stiftung Warentest untersuchte Schnittblumen und stellte fest, dass fast alle Rosen im Test Rückstände von Pestiziden enthielten. Unter den 16 verschiedenen Substanzen gab es hochgiftige und potenziell krebserzeugende Stoffe. Diese Gifte stellen allerdings keine unmittelbare Gefahr für den Rosenempfänger dar, vielmehr leiden unter diesem Gifteinsatz die ArbeiterInnen in den Anbauländern. Um das oft schmutzige Geschäft, zu dem Hungerlöhne, Unterdrückung und giftige Chemie gehören, auf Blumenfarmen in Kenia, Ecuador und anderen Ländern zu reglementieren, gibt es immer mehr fair gehandelte Blumen. Organisationen wie FLP (Flower Label Program) und Transfair arbeiten mit Blumenfarmen zusammen, die zur Zertifizierung ihren Mitarbeitern feste Arbeitsverträge, Mindestlohn und Gesundheitsschutz garantieren müssen. Drei Prozent der in Deutschland verkauften Schnittblumen tragen das FLP-Siegel.
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Blumen sind ein Geschäft, und sie können Menschen ruinieren. Was zum Beispiel hätte aus Rembrandt noch alles werden können, wenn die Tulpe den Holländern nicht so nachhaltig zu Kopf gestiegen wäre? Ausgefallene Neuzüchtungen wurden in den 1630er-Jahren zu immer horrenderen Preisen gehandelt – per Optionsgeschäft. Ein Ende der Preisspirale schien undenkbar. Doch 1637 kam es, wie es kommen musste: Die Preisblase platzte – und die niederländische Wirtschaft brauchte Jahrzehnte, um sich von diesem Crash zu erholen. Wer sein Geld, wie Rembrandt, in Tulpen-Kontrakte investiert hatte, besaß plötzlich nur noch wertloses Papier. Und für teure Porträts hatte anschließend kaum noch jemand Geld. Bemerkenswert, dass die Niederländer der Tulpe trotzdem die Treue hielten!
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Eine Blume ist eine Blume …? Wohl wahr – und doch auch wieder nicht, wie die folgende Anekdote belegen mag. Ein Therapeut hatte seinem Klienten den wohlgemeinten Rat gegeben, sich regelmäßig durch Blumenkäufe selbst eine Freude zu machen. Doch der nahm den Tipp allzu wörtlich: Jeden Samstag kurz vor Ladenschluss ging er in den Blumenladen um die Ecke und nahm, was es zum Hauwegpreis gab. Ob es fünf wundervolle Pfingstrosen waren oder drei traurige Nelken, ganz egal! Geschmack ist dem Menschen unter anderem dazu gegeben, dass er ihn kennenlernt. Und Geiz ist ziemlich ungeil.
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Dabei lohnen Preisvergleiche nicht nur bei Unterhaltungselektronik, sondern auch bei Blumen. Nicht immer erweist sich das Angebot des Großanbieters als das preiswertere. Manchmal bietet der seinen Strauß Narzissen scheinbar zum selben Preis an wie der edle und vermeintlich teure Florist – nur sind es bei ihm sieben statt zehn Blüten. Masse sollte man andererseits auch nicht mit Klasse verwechseln. Wer sich beklagt, es gebe nur noch Brot von Kamps und Blumen von Blume 2000, der sollte zu jammern aufhören und einfach mal wieder im Fachgeschäft einkaufen. Es muss ja nicht immer ein ganzer Strauß sein. Eine besonders schöne Einzelblüte, die tagelang den Blick auf sich zieht, kann die Laune unter Umständen besser heben als ein strubbeliges, undefinierbares Gebinde.
POUYEH ANSARI, REINHARD KRAUSE