: Gerangel bei den Linken
WAHLKAMPF Auf dem Parteitag der Linkspartei wird heftig um Mandate und Posten gekämpft. Prominente Ex-SPDlerin kehrt in die Bürgerschaft zurück
Das wird nicht viele SozialdemokratInnen in der Bürgerschaft freuen: Ihre ehemalige Genossin Sabine Boeddinghaus wird mit großer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr ins Landesparlament zurückkehren – aber als Abgeordnete der Linkspartei. Auf dem Parteitag der Hamburger Linken am übernächsten Wochenende kandidiert Boeddinghaus auf Platz 3 hinter der Fraktionsvorsitzenden und unumstrittenen Spitzenkandidatin Dora Heyenn. Für den zweiten Listenplatz bewirbt sich Fraktionsvize Norbert Hackbusch, der schon in den 1990er-Jahren für die Grünen und den Regenbogen in der Bürgerschaft saß.
Boeddinghaus war von 2004 bis 2008 SPD-Abgeordnete in der Bürgerschaft gewesen und im Streit ausgeschieden. Sie hatte die Sozialdemokraten zur Unterstützung der Volksinitiative „Eine Schule für Alle“ bewegen wollen, erlitt aber auf zwei Landesparteitagen krachende Niederlagen. Deshalb verzichtete die Erziehungswissenschaftlerin 2008 auf eine erneute – und wohl aussichtslose – Kandidatur und trat kurz danach aus der SPD aus.
Für die Linke sitzt die 57-jährige Mutter von fünf erwachsenen Söhnen noch in der Bezirksversammlung Harburg und ist dort faktisch die Oppositionsführerin gegen die große Koaltion aus SPD und CDU im Bezirk.
Der erneute Einzug der Linken mit sechs Mandaten in die Bürgerschaft gilt als sicher. Boeddinghaus’ anstehende Rückkehr ins Landesparlament ist ein Signal dafür, dass die Linke auch in Zukunft jede Zusammenarbeit mit der SPD ausschließen wird. Zumal Boeddinghaus zur Halbzeit der nächsten Legislaturperiode nach taz-Informationen zur Fraktionsvorsitzenden der Linken aufsteigen dürfte, falls Amtsinhaberin Heyenn mit dann 67 Jahren kürzer treten möchte.
Ein heftiges Gerangel wird auf dem Parteitag um weitere aussichtsreiche Plätze erwartet. Für die Männerplätze 4 und 6 sagen Eingeweihte harte Kämpfe von einem halben Dutzend männlicher Linker voraus. Besonders brisant aber ist die Auseinandersetzung von drei Frauen um Platz 5: Die aktuellen Abgeordneten Kersten Artus (50), Cansu Özdemir (26) und Heike Sudmann (52) wollen die Hackordnung hinter den Spitzenfrauen Heyenn und Boeddinghaus klären.
Offen ist das Schicksal der Fraktionsvize und Innenpolitikerin Christiane Schneider, die in Teilen der Linkspartei umstritten ist. Die ehemalige Hamburger PDS-Vorsitzende will sich auf der Liste nicht zurückstufen lassen. 2011 stand sie auf Platz 3. Wahrscheinlich setzt die 66-Jährige alles auf eine Direktkandidatur im Wahlkreis 1 Hamburg-Mitte. Das kann klappen, sicher aber ist das nicht. SVEN-MICHAEL VEIT