piwik no script img

Archiv-Artikel

Der Traum von der großen Koalition

#motschimachts 92 Prozent der CDU-Delegierten wählen Ex-Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann zur Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl. Die will jetzt wieder regieren – mit der SPD

Von MNZ
„Das ist der Anfang vom Ende der rot- grünen Regierung“

Thomas Röwekamp

Am Ende ist es doch noch eine ordentliche Krönungsmesse geworden, mit pompöser Musik, Lichteffekten, stehenden Ovationen. Und einem Ergebnis wie in alten Zeiten: 92 Prozent der CDU-Delegierten stimmten am Donnerstag dafür, mit Elisabeth Motschmann als Spitzenkandidatin in die Bürgerschaftswahl zu ziehen. „Das ist der Anfang vom Ende der rot-grünen Regierung in Bremen“, rief Fraktionschef Thomas Röwekamp den seinen zu. Da sei er „ganz sicher“.

Dass Motschmann eigentlich nur die vierte Wahl ist, weil Röwekamp das Amt genauso wenig wollte wie der Landesvorsitzende Jörg Kastendiek, weil Ex-Senator Jens Eckhoff es nicht haben durfte und der eigentlich auserkorene Fraktionsvize Thomas vom Bruch zu krank ist – vergessen. Und auch die 62-Jährige selbst hatte nicht nach vorn gedrängt; sie sitzt im Bundestag, seit die CDU einen Erben für ihren Ehrenvorsitzenden Bernd Neumann brauchte. Dort habe sie viel für die Bremer Rüstungsindustrie erreicht, lobt Kastendiek. Aber wenn die Partei sie fragt, sagt sie nicht nein.

Nun gibt sie sich kämpferisch, leidenschaftlich, entschlossen. Sie will Aufbruchstimmung erzeugen. „Politik ist für mich Freude. Und Wahlkampf ganz besonders“, sagt sie, und dass sie mit so einem „Traumergebnis“ gar nicht gerechnet habe. Die in den letzten Jahren oft zerstrittene Partei hat sich hinter ihr versammelt. Die jungen tragen alle Pullis, mit ihrem Bild vorne drauf und einem #motschimachts hinten. Kein Spitzenkandidat der Bremer CDU hat jemals weniger als 90 Prozent Zustimmung aus den eigenen Reihen erhalten. Bis auf Rita Mohr-Lüllmann, die 2010 nur auf 81 Prozent kam. Am Ende wurde die CDU nur drittstärkste Kraft.

Jetzt will Motschmann die große Koalition wiederbeleben. Sie wolle „in Regierungsverantwortung arbeiten“, sagt sie, und dass die CDU diesmal – wirklich! – gewinnen wolle. Konstellationen wie die in Thüringen, wo gerade eine rot-rot-grüne Regierung entsteht, findet sie „unerträglich“ und „skandalös“.

Kastendiek lobt Motschmann als „wertkonservativ“ und „modern“. Dass sie auch Letzteres ist, soll ihr Engagement bei Facebook belegen. Sie selbst verspricht „keine leeren Versprechungen“ und dass sie sich „um die Probleme der Menschen kümmern“ will. Im Wahlkampf will sie mit den Themen Bildung, Armutsbekämpfung und innere Sicherheit punkten; und natürlich mit der Wirtschaftskompetenz der CDU: „Unsere Senatoren haben für die nötigen Investitionen gesorgt“, sagt Motschmann und ignoriert geflissentlich die Investitionsruinen, die dabei entstanden. Auch ansonsten wird hier gern mal übergangen, wie die CDU von 1995 bis 2007 mitregierte.

In den Schulen will sie den Unterrichtsausfall bekämpfen, nicht nur in Religion, und die Zuschüsse für die Privatschulen sollen auch steigen. Außerdem müsse der „Leistungsgedanke“ in der Schule wieder Platz finden. Sie wirbt für das geplante Offshore-Terminal in Bremerhaven und will den „digitalen Gründergeist“ fördern, unter anderem mit freien WLAN-Netzen. Und, soviel öko muss sein, eine autofreie Knochenhauerstraße.  MNZ