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Archiv-Artikel

Heiligendamm soll nicht Hamburg werden

Hamburgs Innensenator hat beim Asem-Gipfel auf „Nulltoleranz“ gesetzt. SPD: Kein Vorbild für Heiligendamm

BERLIN taz ■ 120 Festnahmen, 179 verletzte Beamte und eine Demonstration, die von einem fünfreihigen Spalier in menschenleere Gegenden geleitet wurde – das ist die Bilanz der „Generalprobe“ für den G-8-Gipfel. Aus sicherheits- und demokratiepolitischer Sicht waren die Proteste gegen das Asem-Treffen der 27 EU- und 16 asiatischen Außenminister in Hamburg ein Desaster.

Rund 6.000 Globalisierungskritiker hatten am Montag zunächst friedlich gegen den Asem-Gipfel demonstriert. Ein Großaufgebot der Polizei schleuste den Zug durch die Hamburger Innenstadt. Die Demonstranten waren dabei die ganze Zeit lang von einem Ring von Beamten umgeben – einem sogenannten Wanderkessel.

Die Veranstalter fühlten sich in ihrem Demonstrationsrecht beschnitten und lösten den Zug daraufhin auf. Es kam zu Rangeleien, bei denen auch Farbbeutel und Flaschen flogen. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Mehrere hundert Autonome errichteten im Schanzenviertel Barrikaden und setzten sie in Brand. Erst nach mehreren Stunden beruhigte sich die Lage wieder.

Die Veranstalter der Proteste machten die Polizei für die Eskalation verantwortlich. Ihnen zufolge hatten die Einsatzkräfte die Demonstranten nach Auflösung des Zuges nicht friedlich abziehen lassen. Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) warfen sie „Polizeistaatsdenken“ vor. Der wiederum verteidigte die massive Präsenz. „Die Taktik der Polizei war richtig. Es ist gelungen, die Asem-Gäste und die Hamburger Bürger vor Gewalttätigkeiten zu schützen.“ Er kündigte an, an der Nulltoleranz-Linie“ gegen Gewalttäter festzuhalten.

Bestürzt über den Verlauf zeigte sich hingegen der SPD-Bundestagsabgeordnete, Ortwin Runde. Wenn man die martialischen Bilder sehe, „dann fragt man sich: Ist diese Art von Veranstaltungen wirklich sinnvoll“, sagte Hamburgs ehemaliger Bürgermeister im RBB-Inforadio. Es wäre eher überraschend, wenn es unter diesen Bedingungen zu guten Ergebnissen käme. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einer „hermetischen Abschottung der friedlichen Demonstration durch die Polizei“. Von „keinem guten Auftakt“ sprach auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz. Die abklingenden 1.-Mai-Krawalle in Berlin-Kreuzberg hätten gezeigt, wie eine besonnene und auf Dialog setzende Polizeistrategie einen wesentlichen Beitrag zu friedlichen Demonstrationen leisten könne, sagte Wüfelspütz. „Die Nulltoleranz-Strategie ist alles andere als deeskalierend. So wie in Hamburg dürfen die G-8-Proteste in Heiligendamm auf keinen Fall ablaufen.“

Dort will sich die Polizeiführung noch auf kein festes Konzept festlegen. Es werde eine Mischform, kündigte eine Sprecherin der G-8-Polizeieinheit „Kavala“ an. Die Beamten werden angewiesen, möglichst wenig zu provozieren. Komme es dennoch zu Straftaten, würden sie jedoch entschieden eingreifen. FELIX LEE