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Archiv-Artikel

Das Kulturelle ist politisch

Das Kulturwissenschaftliche Institut in Essen soll sich stärker in politische Debatten einmischen, fordert Claus Leggewie, der im Juli neuer Direktor des Instituts wird. Die Landesregierung sieht das KWI als das Wissenschaftskolleg von Nordrhein-Westfalen

Der neue KWI-Direktor

Claus Leggewie, 57, war bis vor kurzem Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Medien und Interaktivität an der Uni Gießen. Der gebürtige Nordrhein-Westfale (in Wanne-Eickel geboren, in Köln aufgewachsen) schreibt regelmäßig für Publikationen wie die taz oder die Blätter für deutsche und internationale Politik, deren Herausgeberkreis er angehört. Als Buchautor beschäftigte er sich unter anderem mit amerikanischem Konservatismus, der Globalisierung, deutscher Vergangenheit und Geschichtspolitik und dem Islamismus.

VON DIRK ECKERT

Vom Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) in Essen dürfte man bald mehr hören. Denn im Juli bekommt das KWI einen neuen Direktor: Claus Leggewie. Der Politikwissenschaftler, der zur Zeit noch an der Uni Gießen lehrt, mischt sich seit Jahren – nicht zuletzt in der taz – in aktuelle Debatten ein. Sei es zur Rolle von Religionen in der modernen Gesellschaft, zur Zukunft der Grünen oder zur deutschen Vergangenheit. Und Leggewie will das Profil des Instituts schärfen. „Das Institut muss stärker in politische Debatten eingreifen“, fordert er. „Das KWI hat ein hohes Renommee, könnte aber noch etwas bekannter werden.“

Noch vor wenigen Jahren stand das Kulturwissenschaftliche Institut (KWI) in Essen fast vor dem Aus. Erst kürzte das Land die Gelder für die Forschungsstätte, dann wurde auch noch über die Zusammenlegung mit anderen Instituten spekuliert. Doch das ist Vergangenheit. Seit Jahresanfang ist das KWI an die Universitäten Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund angegliedert, das Land finanziert das Institut mit 1,7 Millionen Euro im Jahr und hat Planungssicherheit versprochen. Das Wissenschaftsministerium von NRW nennt das KWI bereits das „Wissenschaftskolleg NRW“.

Leggewie will das KWI zu einem Forschungskolleg für die drei Ruhrunis Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund machen. „Wir sind stärker, wenn wir das zusammenführen.“ Vor allem junge Wissenschaftler sollen es sein, die seiner Vorstellung nach künftig am KWI gemeinsam an bestimmten Themen arbeiten. Während ihrer Zeit am KWI sind sie von der Lehre freigestellt und können ungestört forschen. Derzeit sind im Schnitt rund 30 Wissenschaftler am KWI zu Gast. Der Aufenthalt dauert in der Regel mehrere Monate bis zu anderthalb Jahren. Die Geisteswissenschaftler kommen aus dem unterschiedlichsten Fachbereichen. Ob Theologen, Soziologen, Historiker – Beschränkungen gibt es keine. Ausgewählt werden die Wissenschaftler nach den Projekten des Instituts, derzeit etwa Gedächtnisforschung oder Verantwortungskultur.

Auf Leggewie als neuen Direktor hatte sich eine Findungskommission einstimmig geeinigt. Offenbar setzt man auch auf den Namen Leggewie. „Mit seinem Interesse an einem intensiven Austausch von Wissenschaft und Öffentlichkeit ist er für das KWI ein großer Gewinn“, lobt der scheidende Institutschef Jörn Rüsen, der zwar als Direktor in den Ruhestand geht, aber weiter das Projekt „Humanismus in der Epoche der Globalisierung“ leitet. Leggewie will allerdings nicht der „Lautsprecher“ des Instituts sein. Er sehe sich eher als Moderator, sagt er.

Zu künftigen Schwerpunkten des KWI will sich Leggewie erst bei Amtsantritt am 12. Juli äußern. Zuvor werde er sich mit den Mitarbeitern am Institut absprechen. „Ich bin ein Teamplayer“, betont er. Aber natürlich will er seine Themen, zum Beispiel Kommunikation und Medien, einbringen. „Die Leggewie-Themen werden schon irgendwie vorkommen“, verspricht er.