Nebelschleier über Sachsens Amtsstuben

Sächsische Justiz will in der Korruptionsaffäre über sich selbst aufklären, obwohl niemand weiß, wem man noch trauen kann. Ein Amtsgerichtspräsident aus Baden-Württemberg darf aufpassen, hat aber keine Befugnisse. Linkspartei übt heftige Kritik

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

In der sächsischen Korruptions- und Justizaffäre hatte Justizminister Geert Mackenroth (CDU) die Presse gestern offenbar nur eingeladen, um zu sagen, dass es außer Selbstverständlichkeiten nichts zu sagen gibt. „Wir wollen rückhaltlose Aufklärung“, erklärte er. Es geht um den Verdacht der Verstrickung teils hoher Justizbeamter in die organisierte Kriminalität und mögliche Strafvereitelung. Akten des Verfassungsschutzes, die erst zu Pfingsten auf Druck der parlamentarischen Kontrollkommission der Staatsanwaltschaft überstellt wurden, sollen das belegen.

Mackenroth versuchte den Eindruck zu erwecken, dass die Aufklärung bei der sächsischen Justiz selbst in den besten Händen sei. Dem pflichtete Wolfgang Eißer, Präsident des Landgerichtes Waldshut-Tiengen in Baden-Württemberg, bei. Eißer ist ab sofort als „waches Auge“, so Mackenroth, zur Amtshilfe nach Dresden abgeordnet worden. Er darf den ermittelnden Staatsanwälten beim Lesen der Akten über die Schulter schauen, hat aber sonst keinerlei Befugnisse.

Die Ermittlungen leitet nicht, wie es üblich wäre, der sächsische Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm, sondern der Dresdner Oberstaatsanwalt Henning Drecoll. Schwalm, dem die Aktenaffäre spätestens seit Oktober 2006 bekannt sein musste, verhielt sich seither bemerkenswert untätig. Drecoll wiederum äußerte sich nicht zur Zusammensetzung seines Teams, geschweige denn zu ermittlungstaktischen Fragen. Minister Mackenroth sagte nur, dass alle erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt würden. Bislang wurde nur ein Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Leipziger Oberstaatsanwalt Norbert R. eingeleitet, der erst vor kurzem zum Amtsgerichtspräsidenten in Chemnitz befördert worden war. Die Verdachtsmomente gegen R. sind so schwerwiegend, dass das Ministerium das Verfahren an sich zog. Über weitere Disziplinarmaßnahmen sollten örtliche Behörden entscheiden.

Klaus Bartl, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag, kritisierte das Verfahren heftig. Nach der Richtlinie für Strafverfahren müsste ein solch bedeutsames Verfahren in unmittelbarer persönlicher Verantwortung des leitenden Staatsanwalts geführt werden. „Das ist doch keine Aufarbeitung“, schimpfte Bartl und bemängelt zugleich die „Verweigerungshaltung des Justizministeriums gegenüber der Öffentlichkeit“.