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Archiv-Artikel

Attac attackiert Autonome

Globalisierungskritiker sind sauer auf den Schwarzen Block: „Die haben mit uns nichts zu tun“

ROSTOCK taz ■ Peter Wahl hat die Nase voll. Der Attac-Mitbegründer stand unmittelbar daneben, als am Samstag am Ende der Demonstration die Steine flogen. Fassungslos sah er zu, wie sich Autonome und Polizisten eine Straßenschlacht lieferten. Gestern verkündete er im Fernsehsender n-tv an die Adresse der Autonomen: „Wir wollen euch nicht mehr sehen.“ Bei dem sogenannten Schwarzen Block der Autonomen handele es sich „um eine Gruppe von Personen, die mit der Absicht, Krawall zu machen, angereist ist“, sagte Wahl. „Die haben mit uns nichts zu tun.“

Bislang handelt es sich nur um eine Einzelmeinung eines – wenn auch einflussreichen – Mitglieds beim Attac-Koordinierungskreis. Aber innerhalb von Attac tobt nun ein Streit, wie das globalisierungskritische Netzwerk als Demoveranstalter mit gewaltbereiten Autonomen umgehen soll. Peter Wahl forderte das Protestbündnis dazu auf, die Zusammenarbeit mit den Gewaltbereiten zu beenden.

Tim Laumeyer von der Interventionistischen Linken (IL) reagierte zunächst gelassen auf Wahls Ankündigung. Die IL ist eins von zwei linksradikalen Netzwerken, das am Bündnis beteiligt ist. Glücklich war auch er nicht mit dem Verlauf. Aber aufkündigen lasse er sich das Bündnis auch nicht. „Wir mobilisieren ein breites linkes Spektrum, und dazu gehören auch die Autonomen“, sagte Laumeyer. „Wir bleiben drin.“

Ideologisch gesehen sind die Autonomen sehr heterogen. Zwar verorten sich die meisten im linksradikalen Lager, doch im Schwarzen Block laufen Anarchisten genauso mit wie Kommunisten, Antiimperialisten und Antideutsche. Zu anderen Anlässen feinden sie sich an. Gemein ist ihnen, dass sie den Kapitalismus ablehnen, die Bundesrepublik als Unterdrückungssystem wahrnehmen und daher zumindest symbolisch auf Konfrontation zum Staat setzen. Sachbeschädigung halten sie für legitim, Gewalt gegen Menschen lehnen die meisten ab, verweisen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei in der Regel aber auf die Gewalt der Gegenseite. Und auch mit Regierungen würden sie aus Prinzip keine Gespräche führen.

Nach Erkenntnissen der Polizei hätten sich bei den Ausschreitungen am Samstag auch viele Autonome aus dem Ausland beteiligt. Polizeisprecher Axel Falkenberg zufolge waren unter den 128 festgenommenen Demonstranten auch Bulgaren, Griechen, Japaner, Schweden, Spanier, Franzosen, Italiener und Russen. Vor der Demonstration hatten die Protestveranstalter bereits die Befürchtung geäußert, dass ihnen vor allem griechische und italienische Autonome Sorgen bereiteten. Sie hatten jedoch gehofft, sie in den „friedlichen Protest“ einzubinden, sagte ein Veranstalter.

Damit sind sie auch nicht völlig gescheitert. Polizeisprecher Falkenberger betonte, dass sich unter den festgenommenen ausländischen Aktivisten bloß ein oder zwei „Vertreter“ aus dem jeweiligen Land befunden hätten. Die Mehrzahl der Festgenommenen aus dem Schwarzen Block seien deutscher Staatsbürgerschaft gewesen. FELIX LEE