: Indiskreter Minister
Nach Interview hat der Ruf von Seehofer, Minister und Kandidat für den CSU-Parteivorsitz, weiter gelitten
MÜNCHEN taz ■Unterstützer oder gar eigene Truppen? Schon bisher schüttelte Horst Seehofer, Bundeslandwirtschaftsminister und selbsternannter Kandidat für den CSU-Parteivorsitz, den Kopf, wenn man ihn nach Unterstützern für sein Streben nach dem christsozialen Chefposten fragte. Mit Verweis auf den CSU-Parteitag im September sagte er dann verschmitzt lächelnd: „Es gibt nur eine Wahrheit – die geheime Abstimmung.“
Eigentlich wollte der ewige CSU-Outlaw Horst Seehofer im September mit einer brillanten Rede alles herausreißen, wollte als bodenständiger, aber weltgewandter Herz-Jesu-Christ und moralisch integrer Mensch um die Stimmen der tausend Delegierten werben und damit seinen Konkurrenten Erwin Huber ausbooten. Doch seit genau einer Woche scheint Seehofer auch die Außenseiterposition verloren zu haben – und auch sein Ministerposten scheint in Gefahr zu sein.
Ein CSU-Gewitter ist losgebrochen, seit er im Stern mit Blick auf seine parteiinternen Konkurrenten zitiert wurde mit den Worten: „Ich bin gut informiert. Ich weiß viel. Ich habe viel Material.“ Nach dieser Drohung, die Seehofer nicht als solche verstanden wissen will, lassen sich innerhalb der Parteiführung beinahe keine Unterstützer mehr ausmachen. Im Gegenteil.
Der bayerische Junge-Union-Chef Manfred Weber sagt offen, dass für ihn der Machtkampf um den Parteivorsitz zugunsten von Huber entschieden sei. Der Vorsitzende der CSU-Europaabgeordneten, Manfred Ferber, erklärte am Wochenende, dass er mit Kollegen diskutiere, ob Seehofer als Parteivize und Bundesminister „noch tragbar ist“.
Edmund Stoiber selbst soll laut Focus zu einem Getreuen gesagt haben: „Der spinnt ja!“ Wenn dieses Hörensagen-Zitat stimmt, dürfte das Chefposten-Rennen für Seehofer wirklich gelaufen sein, obwohl er in der bayerischen Bevölkerung höhere Zustimmungsraten genießt als Konkurrent Erwin Huber.
Seehofer spielte seit Januar stets die Moralkarte, gab sich als treuer Anhänger Stoibers und ließ stets durchblicken, wie hinterhältig er doch das Geklüngel des Stoiber-Nachfolge-Duos Günther Beckstein (derzeit Innenminister, bald Ministerpräsident) und Erwin Huber (derzeit Wirtschaftsminister, Möchtegern-CSU-Chef) finde.
Ein Moralspiel, das von Anfang an in schlechtem Licht stand: Pünktlich zur Seehofer-Kandidatur im Januar titelte die Bild-Zeitung mit der in Berlin seit langem bekannten Affäre zwischen Seehofer und einer Bundestagsmitarbeiterin. Vor zwei Wochen gab’s einen Doppelschlag: erst Seehofer mit Ehefrau auf dem EU-Agrarministertreffen. Am nächsten Tag fragte Bild samt Foto von Seehofers schwangerer Geliebten: Noch vier Wochen – wie muss sich diese Frau fühlen?
Im barock-fröhlichen Bayern galt bislang die Devise: Genießen und schweigen. Wer sich nicht daran hält und mit menschelndem Material droht, der wird abgestraft: Vor zwei Jahren hat es die vielversprechende Strauß-Tochter Monika Hohlmeier getroffen, die in der Münchner CSU mit einem blauen Hefter herumwedelte – und abserviert wurde. Und auch Stoiber ist im Winter gefallen, weil seine Staatskanzlei schmutzige Biografiedetails der Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli sammelte.
Jetzt könnte es also Seehofer treffen. Er erklärte am Wochenende zwar, weiterkämpfen zu wollen. Aber laut BaS stimmt sich die Bundesregierung schon mal auf einen neuen Landwirtschaftsminister ein. Kanzlerin Merkel habe CSU-Landesgruppenchef Ramsauer bereits abgenickt, schreibt das Blatt, nennt aber keine Quellen. MAX HÄGLER