„Politik so gestalten, dass sie keine Gewalt provoziert“
: Schöne Worte gegen Misere

betr.: „Nie wieder Rostock“, taz vom 4. 6. 07

Es ist prekär. Ausschreitungen, wie in Rostock haben mit Demokratie wenig gemeinsam. Deshalb sind sie zu verurteilen. Aber ist die Politik, die die Staatschefs der G-8-Staaten betreiben, noch mit unserer Demokratie, mit Moral und Ethik vereinbar? Täglich sterben bis zu 38.000 Menschen an Hunger, Wassermangel, wegen fehlender Medikamente, unsere Lebensgrundlagen, nämlich die Natur, werden finanziellen Interessen geopfert, Menschen werden aus ihrer Heimat vertrieben, weil dort Bodenschätze für die industriellen Staaten ausgebeutet werden oder weil man Holz für Klopapier braucht. Viel wird von den G-8-Staaten gesprochen, wir werden die Armut halbieren, das Klima retten, keine Waffen in Krisengebiete liefern usw. usw. Doch gehandelt wird nicht. Das Elend auf der Welt wird immer schlimmer, landwirtschaftliche Produkte aus den G-8-Staaten überschwemmen Afrika und zerstören somit die Existenz der dortigen Bauern, Medikamente werden wegen des Trips-Abkommens für die Ärmsten der Armen unerschwinglich, Kriege werden um Erdöl geführt, die dortige Bevölkerung mit Füßen getreten, die Auswirkungen der schon seit Jahren bekannten Klimaveränderung werden immer mehr sichtbar. Und außer schönen Worten unternimmt niemand etwas gegen diese Misere. Beim G-8-Gipfel verschanzen sich die Verantwortlichen für diese Tragödien hinter einem 12,5 Millionen Euro teuren Zaun. Wundert sich da jemand, dass es Menschen gibt, die gegen diese Gewalt Gewalt anwenden? Politik sollte so gestaltet werden, dass sie keine Gewalt provoziert.

CARLO GOETZ, Amerang