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Archiv-Artikel

Bauern noch schlauer

Die Münsterländer gucken seit gestern digital in die Röhre: Per DVB-T können sie zwar Phoenix und 3sat empfangen, nicht aber RTL oder Sat.1. Die Region lohne sich für sie nicht, sagen die Privaten

VON KATHARINA HEIMEIER

1,4 Millionen Münsterländer können seit gestern etwas für ihre Bildung tun. Statt RTL, ProSieben und Co. können sie im digitalen Antennenfernsehen (DVB-T) die gesamte Palette des öffentlich-rechtlichen Angebots sehen – Phoenix, 3sat und EinsFestival zum Beispiel. Auch der Münsteraner Tatort (WDR) und der heimische ZDF-Ermittler Wilsberg sind weiter auf Sendung. CSI: Miami (RTL) oder die Simpsons (ProSieben) dagegen laufen nicht im Digitalfernsehen. Die privaten Sender beteiligen sich nicht am DVB-T im Münsterland. Auch in Ostwestfalen-Lippe und im Oberbergischen Kreis sind sie nicht digital auf Sendung.

„DVB-T ist für uns in erster Linie ein Ballungsraumkonzept“, sagt Bettina Klauser, Sprecherin der RTL-Gruppe. Und ein solcher sei das Münsterland eben nicht. „Das ist keine Entscheidung gegen die Zuschauer“, erklärt sie. Über Kabel und Satellit seien die Sender der RTL-Gruppe ja weiterhin zu empfangen. Doch als Privatunternehmen müsse man auf die Wirtschaftlichkeit achten. Die aber lässt sich auch nach Ansicht der ProSiebenSat.1 Media AG im eher dünn besiedelten Münsterland nicht erzielen. Als Wirtschaftsunternehmen müsse man „eine Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen“, sagt Konzernsprecherin Katja Pichler.

Im Raum Köln-Bonn, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet geht diese offensichtlich auf. Dort ist die analoge Terrestrik schon seit 2004 abgeschaltet. Aber die Zuschauer können die Privatsender mit einem speziellen Empfangsgerät für digitale Datenströme trotzdem schauen.

Die Ausweitung ihres digitalen Angebots im restlichen NRW hätten die Privaten allerdings von Anfang an unter Vorbehalt gestellt, erklärt Peter Widlok, Sprecher der Landesanstalt für Medien (LfM). Die Beweggründe der Kommerziellen seien nachvollziehbar. „Die haben keine Gebührenmittel“, sagt Widlok. Und der Transport der Signale von den Fernsehtürmen, die der Telekom Tochter T-System gehören, sei teuer. Der Anteil derjenigen, die nicht über Satellit oder Kabel, sondern terrestrisch fernsehen, habe sich seit der Einführung des Digitalfernsehens zwar erhöht, aber er liege nur zwischen fünf und zehn Prozent. Doch natürlich wünsche sich die LfM „volles Programm überall“.

Dem schließt sich auch Marc Jan Eumann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, an. „Auch das Digitalfernsehen sollte die duale Rundfunkordnung widerspiegeln“, sagt er. Nach Ansicht von Oliver Keymis, medienpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, sollten die Privaten daran interessiert sein, alle Verbreitungswege zu nutzen und sich nicht von einem verabschieden. „Dadurch verlieren sie Kundschaft.“

In Münster sieht man die Angelegenheit unterdessen „ziemlich locker“, wie Presseamtsleiter Joachim Schiek erklärt. „Es wird den privaten Sendern nicht verborgen bleiben, dass ihnen möglicherweise ein Zuschauerpotenzial entgeht.“

Es scheint, als seien die Appelle an der RTL-Gruppe nicht vorbei gegangen. So soll der Sender nun doch einen Einstieg beim Digitalfernsehen in Ostwestfalen-Lippe planen, wo RTL-Eigentümer Bertelsmann seinen Hauptsitz hat. Über eine Ausweitung des DVB-T-Engagements denke man nach, sagt der Sender dazu. Doch Regionen könne man derzeit nicht nennen.