: Selbst die Polizei wurde von „News of the World“ geschmiert
GROSSBRITANNIEN Der Abhörskandal weitet sich aus. Angehörige von gefallenen Soldaten betroffen
VON RALF SOTSCHECK
DUBLIN taz | Auf die News of the World rollt eine Welle von Schadenersatzklagen zu. Das britische Revolverblatt hat nicht nur die Handys von Filmstars, Politikern, Sportlern und Mitgliedern des Königshauses angezapft, sondern auch von Mordopfern und von Angehörigen der Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan getötet worden sind. Bei dem Privatdetektiv Glenn Mulcaire, der im Auftrag der Zeitung die Telefone gehackt hat, fanden sich auf 11.000 Seiten entsprechende Aufzeichnungen. Er hat wegen des Skandals, der seit 2006 schwelt, bereits eine Gefängnisstrafe abgesessen.
Bisher sind die Namen von 120 Menschen bekannt, deren Handys abgehört wurden, darunter auch die Prinzen Andrew und Harry sowie der Schauspieler Hugh Grant, dem gegenüber ein Journalist des Blattes freimütig über die Praxis plauderte. Grant hatte ein Tonband mitlaufen lassen und ist nun als Zeuge in dem Verfahren gegen die News of the World geladen. Zu den Bespitzelungsopfern gehörte 2009 auch Andy Coulson, der zwischen 2003 und 2007 Chefredakteur des Blattes war. Danach machte ihn Cameron zu seinem Kommunikationschef. Coulson musste wegen der Abhöraffäre im Januar zurücktreten.
Seine Vorgängerin Rebekah Brooks, in deren Amtszeit die Abhöraktionen stattfanden, ist mit der internen Untersuchung des Skandals beauftragt worden. Sie ist heute die britische Chefin von News International, dem Medienimperium von Rupert Murdoch. Die Vorsitzende der Presseaufsicht, Lady Buscombe, beschrieb die Personalentscheidung als „seltsam“.
Labour-Chef Ed Miliband sagte, alle Politiker müssten ihr Verhältnis zu Murdoch überdenken. Viele Anzeigenkunden haben ihre Werbung in dem Blatt storniert. Der Medienzar versuchte eine Entschuldigung. „Die Anschuldigungen wegen des Anzapfens von Telefonen und wegen Zahlungen an die Polizei sind bedauernswert und unakzeptabel.“ Murdoch befürchtet, dass der Skandal seine geplante Übernahme des Fernsehsenders BskyB vereiteln könnte. Noch hat die Regierung nicht über die Übernahme entschieden. Ein Sprecher sagte, zunächst solle die Polizei die Affäre aufklären. Doch die wurde ja jahrelang von News of the World geschmiert.