: In deren Adern Tinte fließt
Der Guardian hatte sie zur „wichtigsten Frau im britischen Mediengeschäft“ ernannt. Das ist acht Jahre her, Rebekah Wade – nach der Hochzeit 2009 mit dem Pferdetrainer Charlie Brooks nahm sie dessen Namen an – war von dem australischen Medienzaren Rupert Murdoch gerade zur Chefredakteurin der Sun gemacht worden. Es war die Belohnung für ihre Arbeit als Chefin der News of the World. Dort war sie im Mai 2000 nach 150 Männerjahren die erste Chefin eines britischen Boulevardblatts geworden.
Unter ihrer Ägide veröffentlichte das Blatt nach dem Mord an einer Achtjährigen die Namen und Adressen von pädophilen Straftätern. Das löste zahlreiche Akte von Selbstjustiz aus, mitunter an den falschen Leuten, weil die News of the World die Namen durcheinandergebracht hatte. Brooks’ Karriere schadete das nicht, nach ihrem Engagement bei der Sun stieg sie zur Geschäftsführerin von „News International“ auf, dem britischen Zweig von Murdochs Imperium. Nun hat die Vergangenheit sie eingeholt, weil herausgekommen ist, dass die News of the World damals noch viel weiter gegangen ist und tausende von Handymailboxen angezapft hat, darunter die eines vermissten und später ermordet aufgefundenen Mädchens.
Die schlanke Frau mit den langen, feuerroten Haaren wurde im Mai 1968 geboren, wuchs in Cheshire auf und studierte kurz an der Sorbonne in Paris. Ihre Karriere begann bei der seriösen französischen Architekturzeitschrift Architecture Aujourd’hui, bevor sie zurück nach England ging und bei der Post Erfahrungen im Boulevardjournalismus sammelte. Als das Blatt einging, wechselte sie zur News of the World – als Sekretärin. Doch bald durfte sie Reportagen schreiben mit gerade mal 20 Jahren. In ihren Adern fließe Tinte, sagten Freunde über sie.
Brooks gibt freimütig zu, dass sie damals regelmäßig „Informationshonorare“ an Polizisten zahlte, aber von den Abhörgeschichten will sie nichts gewusst haben. Das glaubt ihr kaum jemand. Viele Politiker fordern ihren Rücktritt, doch noch steht Murdoch zu ihr. Falls sich aber herausstellt, dass sie gelogen hat, wird er sie ganz schnell fallen lassen. RALF SOTSCHECK
Gesellschaft + Kultur SEITE 12