Zehn Jahre taz-Geschichte in Nordrhein-Westfalen – die Serie. Folge 2: die taz ruhr ab 1998 : Thursday on my mind: Das Ruhrgebiet wird taz
Der Winter 1998 war hart, die Tage waren kurz und die Nächte länger. Wer keine Heizung hatte, suchte im coolibri nach Ausgehmöglichkeiten. Zwischen den Tipps und Terminen versteckte sich ein kleiner, bunter Artikel, Inhalt: die taz ruhr kommt. Neben dem schrägen Foto eines gewissen David Schraven warb ein Text um Abonnenten und Unterstützer. „5.000 neue Abos, dann geht es los“. Die „linke, alternative“ Tageszeitung für den Pott? Ein verwegener Plan. Und 5.000 Abos? Wir wissen es mittlerweile besser.
Der Abo-Coupon ließ mehrere Optionen zu: Erstens, taz abonnieren und darauf warten, dass irgendwann die taz ruhr erscheint; vorher wird das Teil nicht geliefert. Oder das Auftauabo schalten, die taz abonnieren, lesen und darauf hoffen, dass irgendwann die taz ruhr drin steckt.
Das mit dem Auftauen war schwierig. Im Sommer hatten sich 300 Interessenten gemeldet, die übrigen 4.700 warteten erst mal ab. Im ehemaligen Korrespondenten-Büro der taz in der Bochumer Brückstraße schwitzte die arbeitswillige Redaktion derweil dem Start entgegen: Zwei überschaubare Zimmer, ein altes Faxgerät, ein riesiger Schreibtisch und eine handvoll Rechner gehörten zum sparsamen Inventar.
Am morgen des 2. Oktober fiel mir auf, dass die taz irgendwie dicker ist, als sonst. Eine Beilage machte mit dem Foto von Neu-Kanzler Schröder auf. Darüber prangte in fetten Lettern der Titel: „taz ruhr“. Es war die erste Ausgabe. Knapp 60 weitere sollten folgen. Immer donnerstags. Acht Seiten.
Eine Woche später durfte ich gemeinsam mit dem späteren Chef Christoph Schurian den ersten Artikel ins Blatt bringen: Yildidray Bastürk, aufstrebender Fummelkaiser des VfL Bochum, machten damals unter unserer Beobachtung seine ersten Gehversuche im Profifußball. Die Redaktion war mittlerweile übrigens auf das Gelände der ehemaligen Zeche Hannover umgezogen. Ein halbes Jahr später fand ich einen freien Schreibtisch mit PC und blieb dort sitzen.
HOLGER PAULER