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Archiv-Artikel

Der Frauen neue Kleider

MARKEN Heute stimmt zumindest endlich die Anatomie, aber noch wetteifern die großen Sportartikelfirmen nicht allzu eifrig um den neuen Frauenfußballmarkt

„Wir stellen fest, dass die Zahl der Frauen, die sich für Fußball interessieren, seit 2006 wächst“

MARKUS BAUMANN, ADIDAS

Es war ein schwieriger Weg. Noch 1986 untersagte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Frauen die Trikotwerbung. Begründung: „Aufgrund der Verzerrungen durch die Anatomie kamen wir zu dem Entschluss, dass durch Werbung im Brustbereich der Trikots keine neuen Einnahmequellen für den Damenfußball erschlossen werden können.“ Ein Vierteljahrhundert später, in dem sich die Anatomie der weiblichen Brust nicht nennenswert verändert hat, hat Adidas erstmals speziell für die Frauenauswahl des DFB ein Outfit mit femininer Linie entworfen. In die Entwicklung des Outfits wurden auch die Nationalspielerinnen einbezogen.

Aber nicht nur in Deutschland ist der Konzern aus Herzogenaurach engagiert. Der fränkische Sportartikler ist Weltmarktführer im Fußball, auch wenn Frauen ihn spielen. So statte Adidas 6 der 16 WM-Mannschaften aus; Nike übernahm diese Aufgabe für fünf Teams. Die englische Firma Umbro besorgte die Ausstattung von drei Team, die nordkoreanischen Sportkameradinnen schließlich ließen sich ihre Trainingsanzüge vom italienischen Hersteller Legea schneidern.

Adidas ist zusätzlich auch Hauptversorger bei der Kleidung für Freiwillige Helfer, Offizielle, Schiedsrichter und Balljungen und -mädchen. Allein in diesem Bereich konnten 45.000 Artikel abgesetzt werden. Außerdem hat die Firma den offiziellen Matchball „Speedcell“ produziert. Dazu will Adidas-Manager Markus Baumann auch neue Verkaufsrekorde für Frauentrikots erreichen: „Wir stellen ganz klar fest, dass die Zahl der Frauen, die sich für Fußball interessieren, seit 2006 wächst.“

Dem trägt der Konzern Rechnung. „Im Bereich Fanbekleidung haben wir eine große Nachfrage gespürt und unser Angebot um damenspezifische Schnitte und Styles erweitert“, sagt Baumann. Der Umsatzschub wird zwar deutlich geringer ausfallen als etwa bei den Männern vor einem Jahr, aber grundsätzlich glaubt Adidas-Chef Herbert Hainer, „dass es gerade im Fashion- und Lifestyle-Bereich noch viel Potenzial für uns gibt. Der Markt ist riesengroß und wird natürlich noch stärker von Mädchen und Frauen beeinflusst.“

Konkurrent Nike rüstet bei diesen Weltmeisterschaften fünf Mannschaften aus und konzentriert sich dazu noch auf die Vermarktung einzelner Stars, wie etwa der deutschen Nationalspielerin Lira Bajramaj. „Die Frauen-WM ist schon ein sportliches Highlight“, sagte der Unternehmenssprecher, Olaf Markhoff, vor der WM. Auch Nike erhofft sich vom Großereignis einen Umsatzschub. Allerdings sieht Markhoff großen Nachholbedarf: „Der Frauenfußball führt hinsichtlich seines Vermarktungspotenzials leider immer noch ein Schattendasein.“

Dieses Schattendasein hat letztlich dazu geführt, dass der sonst bei Großereignissen wie Männer-WM oder Olympischen Spielen tobende Werbekrieg der Sportartikler diesmal sehr viel moderater ausfällt. Noch fehlt dieser WM allerdings auch ein prägender, publikumswirksamer Moment wie bei der WM 1999 in den USA, als sich die US-Amerikanerin Brandi Chastain nach ihrem titelbringenden Treffer im finalen Elfmeterschiefen ihres Trikots entledigte und einen von Nike hergestellten Sport-BH zur Ansicht brachte. Das Bild der jubelnden Chastain avancierte zur Ikone, das letztlich verbliebene Kleidungsstück zum Verkaufsschlager. Nike bekam Lieferschwierigkeiten, so groß war die Nachfrage für den schwarzen Büstenhalter.

Erstaunlich zurückhaltend präsentiert sich hingegen Sportartikelhersteller Puma. Zwar liefen acht Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft und mit Brasiliens Marta immerhin die beste Kickerin des Planeten mit Schuhen der Marke aufs Spielfeld.

Trotzdem verspricht sich der Sportartikelhersteller kaum Impulse für sein Geschäft. „So stark angesagt ist Frauenfußball noch nicht, dass wir deshalb gleich sehr viel mehr Trikots verkaufen würden“, sagt der Vorstandsvorsitzender der Puma AG, Jochen Zeitz. Die besten Zeiten des Frauenfußballs, die würden erst noch kommen, macht Zeitz Mut. Bis dahin aber bleibt der Weg weiter steinig.

JUDITH PAPE, RICHARD MUSSBACHER