: Autofrei in den 50er Jahren
VORBILD Die Nachkriegsplaner waren in mancher Hinsicht weiter, als man heute glauben mag. Deshalb soll die Tankstelle vor den Grindel-Häusern ihre Gestalt wiederbekommen und ein Fahrradladen einziehen
Die ehemalige Tankstelle am Grindelberg soll ihren Charme zurück bekommen. Die Saga als Eigentümerin hat damit begonnen, dem 50er-Jahre-Häuschen vor dem Bezirksamt Eimsbüttel seine ursprüngliche Gestalt wieder zu geben. Am Mittwoch und Donnerstag rissen Arbeiter ein in den 70er Jahren hinzu gefügtes Dach ab. Im kommenden Jahr soll das Gebäude sein elegant geschwungenes Originaldach zurück erhalten. Das Projekt bedeute „ein Stück Erfolgsgeschichte für den Denkmalschutz bedeutet“, findet Katrin Meyer vom Denkmalschutzamt.
Die Tankstelle gehört mit zum Ensemble der zwölf denkmalgeschützten Grindelhochhäuser zwischen Brahmsallee, Ober- und Hallerstraße. Ursprünglich hatten die britischen Besatzungstruppen an diesem Ort ihr Hauptquartier geplant. Nach deren Abzug wurden zwischen 1946 und 1956 die heutigen Wohnhochhäuser gebaut. „Für die einen ist das Ensemble ein Schandfleck“, sagt Meyer. „Es bleibt trotzdem ein Vorbild des heutigen Wohnens.“
Die Baumeister der „Gruppe der Grindelberg-Architekten“ verfolgten damals die Idee einer Infrastruktur, die die Selbstversorgung der BewohnerInnen ermöglichen sollte und – revolutionär für die damalige Zeit – eine autofreie Zone vorsah. Sie platzierten das Tankstellenhäuschen und den Tiefgarageneingang direkt am Grindelberg, so dass keiner mit dem Auto auf das Gelände fahren musste.
Das Nutzungskonzept, das sich die Saga und der Denkmalverein für das Häuschen überlegt haben, nimmt diesen Grundgedanken auf. Schon am 22. November soll der Fahrradladen „Two Wheels Good“ in der ehemaligen Tankstelle seine Pforten öffnen. Er betreibt bereits ein Geschäft in der Bismarckstraße. Die Wohnungsgesellschaft teilt sich mit dem Denkmalverein die Kosten für den Umbau.
„Das Konzept des Fahrradladens mit Werkstatt war am überzeugendsten“, sagt Kerstin Matzen von der Saga. Auch eine Eisdiele und eine Elektro-Tankstelle seien im Gespräch gewesen sowie der Club Logo. „Der Club bleibt Gott sei Dank, wo er hingehört“, sagt die Denkmalpflegerin Meyer. „Der hätte das Flair am Grindelberg zerstört“.
Den Antrag, der Tankstelle wieder ihre ursprüngliche Gestalt zu geben, hatte Mechthild Führbaum, SPD-Abgeordnete in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, gestellt. „Damit rückt die ursprüngliche Idee hinter dem Ensemble wieder in den Vordergrund, denn das Projekt war von Anfang an autofrei geplant“, sagt sie. THERESA GLÖDE