: Kohl-Zitate müssen aus Biografie gestrichen werden
JUSTIZ Zitate-Streit: Exkanzler Kohl setzt sich vor Gericht gegen seinen Exghostwriter durch
FREIBURG taz | Helmut Kohl hat im Streit mit seinem ehemaligen Ghostwriter Heribert Schwan doch noch Recht bekommen. Das Landgericht Köln verbot Schwan in einer einstweiligen Verfügung die weitere Verbreitung von über hundert Zitaten Kohls. Allerdings kann Schwans Buch „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“ weiter verkauft werden.
Das Buch war Anfang Oktober im Heyne-Verlag erschienen. Es beruht zu großen Teilen auf Gesprächen, die der Autor Heribert Schwan 2001 und 2002 mit Helmut Kohl geführt hat. Schwan war Ghostwriter von Kohls Memoiren – bis er sich mit Kohls neuer Frau Maike Richter-Kohl überwarf. Kohl wollte jedoch verhindern, dass seine abfälligen Bemerkungen über alte Mitstreiter jetzt doch noch veröffentlicht werden. So hatte er Schwan zum Beispiel über die angeblich schlechten Tischsitten von Angela Merkel erzählt.
Ein erster Versuch, die Auslieferung des Buchs zu stoppen, war gescheitert. Das Landgericht Köln entschied im Oktober, dass Kohl und Schwan weder ausdrücklich noch mittelbar Verschwiegenheit vereinbart hätten. Deshalb habe Schwan nun auch aus den Gesprächen von damals zitieren dürfen.
Kurze Zeit später startete Kohls Anwaltskanzlei Holthoff-Pförtner einen neuen Anlauf. Diesmal sollte nicht das ganze Buch verboten werden, sondern nur 115 einzelne Zitate. Durch die geschickte Verbindung mit einer Klage auf Herausgabe von Kopien der Tonbänder landete die Klage nun bei einer anderen Kammer des Landgerichts Köln. Diese Kammer hatte Kohl schon einmal geholfen, die Originaltonbänder der Gespräche zurückzubekommen.
Das Manöver hatte Erfolg, die neu zuständige Kammer entschied nun völlig anders. So gebe es doch eine Geheimhaltungsabrede zwischen Kohl und Schwan. Diese sei aus den Verträgen herauszulesen, die beide einst mit dem Verlag der Kohl-Memoiren geschlossen hatten. Schwan durfte also aus den Gesprächen mit Kohl nur das veröffentlichen, was Kohl freigab.
Der Heyne-Verlag (der zur Random-House-Gruppe gehört) hat bereits Rechtsmittel eingelegt. Nächste Instanz ist das Oberlandesgericht Köln. Für den Verlag geht es inzwischen vor allem um das Prinzip. Denn die 200.000 gedruckten Exemplare der ersten Auflage sind längst ausgeliefert und dürfen von den Buchhändlern weiter verkauft werden. Erst in der nächsten Auflage werden die Kohl-Zitate fehlen. Sofort korrigiert wird allerdings die E-Book-Ausgabe. Derzeit steht „Vermächtnis“ auf Platz 3 der Spiegel-Sachbuchliste. Bei Random House führt man den Verkaufserfolg auch auf die kostenlose Werbung der Kohl-Anwälte zurück. CHRISTIAN RATH