Der Generaldirektor

Es ist ein altmodischer Titel, den Michael Vesper (Foto), 62, trägt. Der Mann ist als Generaldirektor der leitende Manager des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der CEO des deutschen Sports. Früher war er Politiker. Johannes Rau hat den Grünen 1995 zum stellvertretenden Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen gemacht, er war Minister für Bauen, Wohnen, Kultur und Sport. Nach dem Ende von Rot-Grün in NRW wechselte er zum DOSB.

Da war er so etwas wie der Abstauber für Thomas Bach, damals Präsident des Verbands, heute Chef des Internationalen Olympischen Komitees. Wenn der mal wieder eine Diktatur verharmlost hat, war es Michael Vesper, der seinem Chef beispringen musste. Und wenn der Verdacht aufkam, der medaillengeile Leistungssport nehme es nicht so genau mit der Dopingbekämpfung, widersprach Vesper in bröseltrockenem Funktionärssprech. Dabei hat sich Vesper oft als Kritiker eines Antidopinggesetzes inszeniert.

Umso überraschter waren viele, als er in dieser Woche die Pläne eines Dopingstrafrechts regelrecht gelobt hat. Es kann gut sein, dass er das Antidopinggesetz geschluckt hat, weil das Gesetz eine für den Sport überaus wichtige Regelung enthalten soll. Die Zwangsunterwerfung der AthletInnen unter die Schiedsgerichtsbarkeit des Sports, die von Gerichten eben wegen ihres Zwangscharakters als unwirksam angesehen worden ist, soll eine gesetzliche Grundlage bekommen. Das Schiedswesen ist Grundvoraussetzung für die Durchsetzung der Regeln, die der Sport sich selbst gibt. Und weil das Antidopinggesetz eben auch einen Schutzkodex für den autonomen Sport enthalten soll, kann ein Lobbyist wie Vesper eigentlich gar nichts dagegen haben. ANDREAS RÜTTENAUER