: Flüchtlinge unerwünscht
RECHTSEXTREMISMUS Anwohner und Neonazis demonstrieren in Berlin gegen Flüchtlingsheime. Dieses Jahr gab es bereits 86 Attacken auf Unterkünfte
BERLIN taz | Etwa 400 Menschen haben am Samstag in Berlin-Köpenick gegen den Bau einer dort geplanten Flüchtlingsunterkunft protestiert. Unter den TeilnehmerInnen waren mehrere bekannte Neonazis; der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke sprach auf der Abschlusskundgebung. Der ehemalige NPD-Parteichef Udo Voigt war ebenfalls unter den Teilnehmern. Eine Gegendemonstration hatte nach Polizeiangaben 180 TeilnehmerInnen.
In den letzten Wochen hatte es bereits mehrere ähnliche Aufmärsche in anderen Stadtteilen gegeben, in denen ebenfalls neue Flüchtlingsunterkünfte geplant sind. In Marzahn wollen HeimgegnerInnen in dieser Woche die dritte „Montagsdemonstration“ gegen die geplante Unterkunft veranstalten, in Berlin-Buch wurden bereits mehrere „Lichterketten“ an einem Baugrundstück gebildet. Für Samstag rufen Neonazis und HeimgegnerInnen bundesweit zu einer Demonstration in Marzahn auf. Verschiedene Berliner Initiativen haben Gegendemonstrationen angekündigt.
Die Berliner Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann warnte mit Blick auf die Proteste vor einer „klaren rechtsextremen Kampagne“. „Es gibt einen harten rechtsextremen Kern, der das alles initiiert und anmeldet“, so Herrmann.
Wie am Sonntag bekannt wurde, hat die Zahl rechtsextremer Anschläge auf Flüchtlingsheime deutlich zugenommen. Laut Informationen des Spiegels hat das Bundeskriminalamt in diesem Jahr bis September bereits 86 Straftaten gezählt – mehr als in den Jahren 2012 und 2013 zusammen. Die Taten reichen von Hakenkreuzschmierereien über das Einwerfen von Fensterscheiben bis zu Brandstiftung. Man beobachte die steigende Zahl „mit großer Aufmerksamkeit“, teilte das Bundesinnenministerium mit. Nach Angaben von Pro Asyl und der Amadeu-Antonio-Stiftung fanden in den ersten 10 Monaten dieses Jahres rund 200 Demonstrationen gegen Flüchtlinge statt. MALENE GÜRGEN