Gesten der Gewogenheit

Außenminister Steinmeier wünscht Freundschaft mit Polen. Was aber, wenn der Nachbar sie gar nicht will?

Deutschland, so spricht der Außenminister, habe ein „hohes Interesse“, seinen „Beitrag zu engen und freundschaftlichen Beziehungen zu leisten“. Weiters teilt Frank-Walter Steinmeier, durch sein Amt verpflichtet, dringlichste Mahnungen in feinste Sätze zu wattieren, mit: „Ich glaube, dass wir nahtlos in der Kontinuität der Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen fortfahren können.“

Ein sprechendes Konstrukt, das mehrere Lügen, diplomatisch ausgedrückt: bedauerliche Inkorrektheiten, enthält. Denn was er glaubt, spielt ohnehin keine Rolle, dass aber irgendetwas seit dem Regimewechsel in Polen von deutscher Seite „nahtlos“ im Sinne von „Kontinuität“ aufgenommen werden könnte, geht an aller Wirklichkeit vorbei. In Wahrheit existiert nur eine deutsch-polnisch-freundschaftliche Beziehung im Hinblick auf den Pferdesport. Alles, was den deutsch-polnischen Jugendaustausch anbetrifft (Zeltlager usw.), den Wissenschaftstransfer (Konferenzen usw.) oder die wechselseitige Hilfe beispielsweise bei der Erörterung von sexuellen Transfers (Aids usw.), ist seitens der Polen gekappt worden – einseitig und meist ohne nähere Angabe von Gründen.

Insofern dürfen die Worte des Außenministers auch als Appell gelesen werden: Lasst uns wieder auf den Boden der nachbarschaftlichen Tatsachen zurückkommen. Steinmeier aber wird enttäuscht werden. Nichts will das nationalklerikale Duo der Kaczyńskis weniger, als ebendies – zu den Realitäten des Lebens zurückkehren. Lieber nimmt man wachsendes Desinteresse und im Übrigen steigende HIV-Zahlen in Polen in Kauf.

Finanzhilfen für gemischtgeschlechtliche, religionsferne Jugendlager lohnen sich kaum noch anzumelden, Wünsche überhaupt nach Geldern für Sexualaufklärungsprojekte (inkl. Kondomvergabe) verbieten sich zu äußern ohnehin: Polen ist fest im Griff der Illiberalen, Freisinnigkeit hat da keine Chance. Steinmeiers Bemerkungen mögen freundlich gemeint sein. An Gesten der Gewogenheit liegt aber den polnischen Nachbarn, wie sie die Regierung verkörpert, zuallerletzt. JAF