OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Der amerikanische Architekt John Lautner (1911–1994) mag einem breiteren Publikum vielleicht noch wenig bekannt sein, denn der Schüler von Frank Lloyd Wright führte kaum öffentliche Aufträge aus, sondern baute vornehmlich moderne Wohnhäuser für private Auftraggeber in Los Angeles. Doch Lautners Bauten gehören zum Besten, was die amerikanische Architektur des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Die Häuser sind auf einfallsreiche Weise in ihre natürliche Umgebung eingebunden und erschließen sich meist von ihren Innenräumen her: In Fachkreisen berühmt sind insbesondere Lautners ausladende, sich zum Horizont hin öffnende Dachkonstruktionen, wie ihm überhaupt die fließenden Übergänge zwischen Innen und Außen besonders wichtig waren. Murray Grigors Dokumentation „Infinite Space – Der Architekt John Lautner“ (2008) stellt den Baumeister und seine bedeutendsten Werke vor: Während Lautner selbst in Tondokumenten präsent ist, erzählen ehemalige Mitarbeiter, ausführende Handwerker, Auftraggeber und heutige Bewohner der Gebäude vor der Kamera über ihre Beziehungen zum Architekten und seinen Bauten, die in wunderbaren Bildern eingefangen werden. (OmU, 21.–27. 7., Babylon Mitte; 24. 7., Cinema Paris, International)

Brauchen wir ein Rockabilly-Revival? Eigentlich nicht, denn die in den frühen 1950er Jahren in den amerikanischen Südstaaten entstandene Musik war nie tot. Heute wird diese ursprünglich wilde und unangepasste Kultur vor allem in Europa gepflegt, besonders in Finnland und den Niederlanden widmet man sich diesem Lebensgefühl noch immer mit Verve. Und offenbar auch im Ruhrgebiet: Dort haben sich die Filmemacherinnen Christin Feldmann und Claudia Bach in der Szene umgesehen und ließen sich für ihre Dokumentation „Rockabilly Ruhrpott“ von kompetenten Protagonisten alle erdenklichen Aspekte der Rockabilly-Kultur – von der Musik über Tattoos bis zum geeigneten Schuhwerk – erklären. Zweifellos ist Rockabilly eine Lebenseinstellung, die mit dem gebotenen Ernst zelebriert wird, doch toleriert man heute auch all die verschiedenen Strömungen, die sich über die Jahre entwickelt haben. Der Geist der Rebellion ist da nur noch ein schwacher Schatten, hier geht es eher um freundliche Familientreffen. (OmU, 22.–23. 7., Sputnik 1)

Was wir heute mit den neuen 3D-Verfahren erleben, hatte Hollywood 1953 mit dem Breitwandverfahren CinemaScope schon einmal durchgespielt: Wie bei einer Wallfahrt nach Lourdes sei es zugegangen, hat Billy Wilder später erzählt, als man damals versuchte, ein Allheilmittel gegen die Konkurrenz des Fernsehens zu finden. Otto Premingers „River of No Return“ (1954) ist ein Produkt jener Jahre, als man den filmischen Raum neu organisierte: trotz Cowboys und Indianern weniger ein Western als ein Film über die Beziehungen eines einsamen Farmers (Robert Mitchum) zu den Verlockungen und Gefahren der Natur sowie eine Reise, in deren Verlauf zwei Menschen lernen, die Breite des Scope-Formats zu überwinden. (OF, 25. 7., Arsenal 1) LARS PENNING