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Archiv-Artikel

Guevara soll gehen

Klassenkampf im Landtag: Bilderstürmer von der CDU fordert die SPD auf, ein Foto von Che Guevara in den Büroräumen abzuhängen. Sozialdemokraten lehnen ab: Che sei Jugendkult

VON MARTIN TEIGELER

Es ist wie ein Streit im Kinderzimmer: Welches Poster darf an der Wand hängen und welches nicht? Die CDU im Düsseldorfer Landtag will die SPD dazu zwingen, ein Bild von Ernesto Che Guevara abzuhängen. Seit zwei Jahren hängt ein Che-Foto auf den Fluren des SPD-Fraktionstrakts im NRW-Parlament. Jetzt soll es weg: „Wie Sie wissen, kämpfte ‚Che‘ Guevara für eine sozialistische Revolution“, schreibt der CDU-Abgeordnete Olaf Lehne in einem „Offenen Brief“ an NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft. Das Porträt des „Massenmörders“ und Revolutionärs widerspreche dem „freien Geiste“ des hohen Hauses und müsse weg – die SPD lehnt das ab.

Er sei aus „dienstlichen Gründen“ im Gebäudeflügel der SPD im Landtag unterwegs gewesen, berichtet Christdemokrat Lehne. Neben dem Büro E5 C80, an einer Glastür, sei ihm das Che-Bild aufgefallen – verbunden mit dem revolutionären Kampfruf „Hasta la victoria siempre“. Empört schritt Lehne zur Tat und verfasste den geharnischten Brief an Kraft. Jetzt will der Abgeordnete auch im Namen seiner CDU-Kollegen von der SPD wissen, ob sie sich mit „Guevara identifiziert“. Zudem fragt Lehne, ob das Bild „schon eine Vorbereitung auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit der Linkspartei“ sei.

„Wir wissen nicht, warum die CDU und Herr Lehne so verzweifelt im Sommerloch nach Themen suchen“, sagt SPD-Fraktionssprecher Thomas Breustedt. Das Guevara-Bild, eine Kopie des berühmten Che-Porträts des irischen Künstlers Jim Fitzpatrick, werde in den Fraktionsfluren hängen bleiben. „Das ist Jugendkult“, sagt Breustedt und verweist auf zahlreiche T-Shirtträger mit dem Che-Konterfei in aller Welt. „Sogar Prinz Harry hat das, glaube ich, mal getragen.“ Fraktionschefin Kraft werde vielleicht nach der Sommerpause auf den „lächerlichen Brief“ Lehnes antworten, sagt Breustedt.

Welcher Sozialdemokrat das Che-Schild aufgehängt hat, war gestern nicht zu ermitteln. SPD-Generalsekretär Michael Groschek, der auf seiner Internetseite immerhin mit einer Che-Guevara-Kochschürze posiert, winkt ab: „Ich war es nicht.“ Die CDU-Kritik zeige die „politische und intellektuelle Beschränktheit der Christdemokraten“. Ob das Bild des südamerikanischen Guerilla-Kämpfers hängen bleibe, sei ihm „schnurzpiepegal“, so Groschek zur taz.

Der Landtag wird sich in den Bilderstreit nicht einmischen. „Wir greifen nur ein, wenn gegen die Hausordnung oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen wird“, sagt Hans Zinnkann, Sprecher von Parlamentspräsidenten Regina van Dinther (CDU). Dies sei im vorliegenden Fall offensichtlich nicht der Fall.

Auch Lehne schwant, dass „offiziell über den Landtag nichts zu machen ist“. Er meine seine Kritik dennoch „ernst“, so der Hinterbänkler. Immerhin kann Lehne mit seinen CDU-Kollegen bestimmen, wer an ihren Fluren prangt – „Bilder von Adenauer und vom Bundespräsidenten“.