Winter bald nur noch im Kino?

Bei dem Filmfestival „Wetterfest: Eis und Schnee“ wird es im Kino 46 kalt auf der Leinwand

Es ist das vielleicht wichtigste Thema unserer Zeit: Das Klima ist nicht mehr eine selbstverständliche, gottgegebene Konstante unserer Existenz, sondern verändert sich durch die Aktivitäten der Menschen – mit drastischen Konsequenzen. Da ist es doch eine sehr findige Idee, wenn zum Sommerbeginn das Bremer Kommunalkino ein kleines Filmfestival veranstaltet, in dem nur Filme voller Eis und Schnee gezeigt werden. In Kooperation mit der Frankfurter Kinothek, dem „Alfred-Wegener-Institut“ und dem „Haus der Wissenschaft“ laufen in dieser Woche ganz unterschiedliche Spielfilme, Dokumentationen und experimentelle Arbeiten, denen gemeinsam ist, dass man beim Ansehen ins Frösteln geraten könnte.

Das Filmfestival begann gestern mit dem Stummfilmklassiker „Nanook of the North“ von Robert Flaherty. 1921 drehte der Regisseur ihn unter den Inuit in Nordkanada als das zugleich dramatische und poetische Porträt einer Gruppe von Menschen, die in Harmonie mit der Natur leben und arbeiten. Wenn dieser Einklang zerstört ist, rächt sich die Erde. Diese Schreckensbotschaft hat in den letzten Jahren kaum jemand so dramatisch vermittelt wie Roland Emmerich in seinem Katastrophenfilm „The Day After Tomorrow“ (heute um 18.00 Uhr). Dieser ist zwar ein dramaturgisch eher schlicht gestricktes Spektakel, aber im Gedächtnis bleiben die Bilder des von Eismassen überzogenen New York, die einen sehr intensiven Eindruck davon vermitteln, was ein aus dem Gleichgewicht gebrachtes Klima für die Menschheit bedeuten kann.

Von der drohenden Klimakatastrophe erzählt heute Abend um 20.30 Uhr auch der Bremer Natur- und Tierfilmer Uwe Müller in seinem Dokumentarfilm „Das Ende der Gletscher – Pinguine und Robben in Gefahr“, bei dem es ihm gelang, eine Tierdokumentation mit niedlichen Aufnahmen von Tieren aus der Antarktis, Patagonien und den Alpen mit einem ökologisch wissenschaftlichen Feature zu kreuzen.

Die Laterna magica war eine Vorform des Kinos, bei der Bilder an die Wände projiziert wurden, in denen sich durch viele mechanische Tricks einzelne Elemente bewegten. Die Sammler Karin Bienek und Ludwig Vogl-Bienek werden am Sonntag um 20.30 Uhr im Kinosaal einen dieser Apparate in der historisch verbürgten Form aufbauen und mit ihm ausgesuchte Bilder zum Thema Winter an die Wände werden. Zu den zugleich ältesten und eindrucksvollsten Filmaufnahmen, die es von der Antarktis gibt, zählen jene, die der Kameramann Frank Hurley 1919 während der gescheiterten Expedition von Ernest Shackleton gemacht hat. Seine Aufnahmen von dem durch die Eismassen zerdrückten Expeditionsschiff „Endurance“ erinnern nicht umsonst an das Schiffswrack in dem berühmten Bild von Caspar David Friedrich. Hurleys Dokumentation „South“ ist am Freitag um 20.30 Uhr zu sehen.

Das Programm wird durch zwei Genrefilme abgerundet, in denen Schneelandschaften zelebriert werden. „Leichen pflastern seinen Weg“ (Fr. 18.00 Uhr & Sa 22.30 Uhr) ist einer der wenigen Western, die im Winter spielen, und der Regisseur Sergio Corbucci nutzte das Wetter dramaturgisch sehr geschickt, indem er etwa seinen von Klaus Kinski gespielten Kopfgeldjäger die Leichen im meterhohen Schnee begraben und nach der Schmelze einsammeln lässt. In John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ (Fr. 22.30 Uhr & Di. 20.30 Uhr) wird schließlich ein Wissenschaftlerteam in der polaren Eiswüste von einem außerirdischen Monster angegriffen.

Wilfried Hippen