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Archiv-Artikel

Wissenschaftssenator übt verbalen Spagat

Nach den Spekulationen über eine Super-Uni ringen sich Zöllner und die Uni-Präsidenten zu einer Erklärung durch – mit windelweichen Formulierungen. Offenbar können sie sich bisher auf keine Form für ein Exzellenzinstitut einigen

Eigentlich wollten Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) zusammen mit den Präsidenten der drei Berliner Universitäten gestern Mittag eine Erklärung veröffentlichen. Das Thema: das von manchen als „Super-Uni“ bezeichnete Institut, das in Zukunft die Exzellenzbereiche der Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen Berlins bündeln soll. Doch es dauerte, bis die vier Herren sich auf die Formulierungen geeinigt hatten. Erst am späten Nachmittag schickten sie die Pressemitteilung tatsächlich heraus.

Schon diese Verzögerung deutet darauf hin, dass sich Zöllner und die Uni-Chefs nicht auf eine Form für ein solches Institut verständigen konnten. Die windelweichen Formulierungen der Erklärung verstärken diesen Eindruck: Es komme darauf an, „eine Organisationsform zu finden, in der exzellente Bereiche für die Profilbildung der beteiligten Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen erhalten bleiben“. Gleichzeitig sollten die Exzellenzbereiche jedoch „als Gesamtheit identifizierbar“ bleiben. Das ist ein verbaler Spagat. Ob die Vorzeigeforschung in Zukunft unter dem Etikett der jeweiligen Uni laufen werden oder unter dem Namen der neuen „Research University“, bleibt unklar.

Anfang der Woche hatte der Senator seinen Masterplan für die Entwicklung Berlins zu einer führenden internationalen Wissenschaftsregion vorgestellt. Seitdem wird über die darin erwähnte neue Exzellenzinstitution wild spekuliert. Zöllners Sprecherin bestätigte, dass das neue Konstrukt über eigene Räumlichkeiten, eine eigene Leitung und ein eigenes Budget verfügen soll. Der Senator bekräftigte gestern, die Exzellenzbereiche Berlins müssten „gebündelt erkennbar und handlungsfähig“ sein.

Das könnte auf Kosten der Universitäten gehen. Offenbar um die Wogen zu glätten, traf sich Zöllner am Mittwochnachmittag mit den Uni-Präsidenten. Deren Position wurde schon im Vorfeld des Gesprächs klar: Sie befürchten den Verlust ihrer besten Forscher. „Wir müssen aufpassen, dass die Spitzenkompetenz nicht von dem entfernt wird, was sonst an der Universität passiert“, sagte der Präsident der Freien Universität, Dieter Lenzen. Sonst drohe Mittelmaß. Auch sein Kollege von der Technischen Universität, Kurt Kutzler, warnte davor, exzellente Kräfte aus den Unis herauszuziehen.

Ein Streitpunkt der Debatte ist außerdem das Promotionsrecht, das bisher bei den Universitäten liegt. Hier gab Zöllner den Hochschulpräsidenten Rückendeckung. In der Presseerklärung der Wissenschaftsverwaltung heißt es: „Senator Zöllner bekräftigte das alleinige Promotionsrecht für die Stellung der Universitäten, das nicht aufgegeben werden soll.“ Mehrere Vertreter außeruniversitärer Einrichtungen hatten gefordert, an dem neuen Exzellenzinstitut müsse man promovieren können.

Anja Schillhaneck, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, kritisierte das Vorgehen des Wissenschaftssenators. „Offenbar hat Herr Zöllner keine Vorstellung davon, wie er seinen Masterplan umsetzen soll“, sagte sie gestern. Er habe sich mit seiner Ankündigung zu weit vorgewagt, ohne sich vorher mit den Uni-Präsidenten abzusprechen. „Ein Institut, wie er es plant, geht nur mit einer neuen Struktur.“ Sie frage sich, was dann noch an Exzellenz bei den Universitäten verbleibe. ANTJE LANG-LENDORFF