LESERINNENBRIEFE
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Kein Sachbezug

■ betr.: „Kreuzberg sieht rot“, taz vom 18. 11. 14

Aus keinem Satz des Textes erschließt sich mir, was die Benennung der Menschen als „türkischer Berliner“, „Afrikaner“ oder „Flüchtlinge aus Guinea“ mit dem berichteten Sachverhalt zu tun hat. Es gibt dazu einen eindeutigen Pressekodex des Presserates: „Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten. In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.“ www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/#panel-ziffer_12____diskriminierungen.

JONA MILLER, Berlin

Ehrlich gesagt

■ betr.: „Drogenhandel in Kreuzberg: ‚Die Polizei allein schafft das nicht‘“, taz.de vom 19. 11. 14

Herr Maiwald hat es sehr schön und ehrlich gesagt, die Polizei kann diesen Handel nicht stilllegen, sie kann ihn nur verdrängen in andere Straßen, Stadtteile, Bezirke. So wie damals die „Heroin-Drogenszene“ aus Schöneberg eben nur an einen anderen Ort „abgewandert“ ist, ohne das „Problem“ tatsächlich anzugehen. Verdrängung ist nicht das geeignete Mittel, um dem Drogenhandel Einhalt zu gebieten, denn selbst wenn es die Polizei schafft, das Problem von der Straße zu holen, wird sich das Problem eben in Wohnungen abspielen, aber gelöst ist es deswegen noch lange nicht. Probleme wie der Drogenhandel verschwinden nicht, nur weil sie nicht mehr öffentlich stattfinden. PABLO, taz.de

Hauptsache, Alk ist legal

■ betr.: „Drogenhandel in Kreuzberg: ‚Die Polizei allein schafft das nicht‘“, taz.de vom 19. 11. 14

„Gebt das Hanf frei!“ – so einfach hatte Hans-Christian Ströbele es schon vor gut 10 Jahren gefordert. „Das Problem ist, dass hinter ihm [dem Dealer] die organisierte Kriminalität steht.“ Sobald Cannabis nicht mehr kriminalisiert würde, könnte man der OK einen riesigen Markt und damit riesige Gewinne entreißen. Aber Hauptsache, Alk und Nikotin sind legal – bemerkenswerterweise beides Nervengifte. JENS FRISCH, taz.de

„The Wire“ sehen

■ betr.: „Drogenhandel in Kreuzberg: ‚Die Polizei allein schafft das nicht‘“, taz.de vom 19. 11. 14

Tja, wenn man das liest, weiß man, warum ein isländischer Kommunalpolitiker mal sagte, er würde nur Koalitionen mit jemandem eingehen, der die Fernsehserie „The Wire“ gesehen hat. Rekjavik hat bestimmt nicht annähernd die Probleme von Kreuzberg, aber die Skandinavier waren immer schon clever (und reich) genug, um präventiv so zu handeln, dass manche Probleme erst gar nicht auftreten können. AGE KRÜGER, taz.de

Quasidiktatur

■ betr.: „Abschied von Klaus Wowereit: ‚Ich bereue nichts‘“, taz.de vom 8. 11. 14

Müller kann jetzt viel versprechen. Das muss er sogar tun. Dann muss er den Eindruck erwecken, dass etwas Großes mit Berlin passiert, und darauf hoffen, dass die CDU im Wahlkampf nicht aus dem Schatten der SPD abhaut. Aber das sind Versprechungen: Die Realität in Berlin ist die einer gespaltenen Stadt, die immer schlechter mit diesen sozialen Gegensätzen zurecht kommt. Es ist zwar arm und sexy, aber nur für die Mehrheit der Bewohner. Gute 80 Prozent der Berliner erleben die Stadt so, die anderen eben nicht. Und dank Bundesgesetzen und hohem Schuldenstand wird sich daran auch nix ändern, Ankündigungen hin oder her. Auch die Mieten sind nur zu einem kleinen Teil politisch steuerbar, denn Eigentum hat Vorrecht und die SPD plant keine Konflikte mit Investoren, Umwandlern und Käufern. Allenfalls ein paar Minishows fürs Image.

Es gibt eine Grundregel zu Großen Koalitionen: Das sind Quasidiktaturen mit einem Rechtsstaat plus Wahlen und das macht man mit sehr guten Gründen, nämlich aus Zwang. Einer davon war wohl Wowereit selber – der Rest wird sich nicht ändern, außer der Wähler beendet es 2016. So lange wird die Stadt weiter verwaltet und mit Ankündigungen beschallt. Andreas_2020, taz.de

Arme gegen Arme?

■ betr.: „Protest gegen Flüchtlinge: Hellersdorf marschiert wieder“, taz.de vom 18. 11. 14

Der Kampf der Armen gegen andere Arme ist keine Lösung! Die herrschende Ökonomie und soziale Verteilungspolitik braucht die Faschisten als alternative Reserve. Die gesellschaftspolitische Linke müsste verstärkt auf die tatsächlichen Problemstellungen verweisen. So auf die Reichtumsverteilung. Insbesondere auf die persönlich leistungslosen Vermögen; zum Beispiel auch auf Privatvermögen von 31 Milliarden Euro und persönlich leistungslose Jahresdividenden von 700 Millionen. Eine soziale, nationalistische und rassistische Bekämpfung von Menschen unterschiedlichster Herkunft dient nur den herrschenden Klassen und deren gesellschaftspolitischen Administrationen. So auch in Deutschland, zur Ablenkung und Zementierung der sozialökonomischen Ungleichheit. Dies gilt für die kapitalistischen Wirtschaftsmetropolen, die europäischen wie außereuropäischen Schwellen- und Entwicklungsländer. REINHOLD SCHRAMM, taz.de