: Anhaltender Brand im Atomkraftwerk
Nach einem Brand im AKW Krümmel bei Hamburg müssen die AKWs Krümmel und Brunsbüttel vom Netz genommen werden. Bundesumweltminister Gabriel spottet: Die deutschen Meiler sind die sichersten, nur manchmal knallt und brennt es
Atomkraftwerke sind immer verfügbar, behauptet die Atomlobby gerne. Doch die Realität sieht anders aus: Mit dem Brand im Kraftwerk Krümmel ist die aktuelle Verfügbarkeit der deutschen Atomkraftwerke auf 64 Prozent gesunken: Für die kommende Woche rechnen die Konzerne noch mit einer nutzbaren Kapazität an Atomkraft von 13.785 Megawatt, obwohl die 17 Kraftwerke im Land zusammen theoretisch eine Leistung von 21.452 Megawatt erreichen können. Neben dem Ausfall von Krümmel schlägt auch die vorangegangene Abschaltung des Meilers Brunsbüttel nach einem Kurzschluss zu Buche. Zudem sind die Reaktoren Biblis A und Biblis B seit Oktober 2006 auf Grund von Montagemängeln vorübergehend stillgelegt. BJA
VON CHRISTINE ZEINER
„Panikmache“: Das sind nach CDU-Ansicht die Reaktionen von Umweltschutzorganisationen, Grünen und SPD zu den Pannen in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel. Am Donnerstagnachmittag war im AKW Krümmel in Geesthacht östlich von Hamburg ein Transformator in Brand geraten. Zwei Stunden zuvor war das AKW Brunsbüttel an der Unterelbe durch eine Schnellabschaltung vom Netz gegangen; nach Angaben des Betreibers Vattenfall war die Abschaltung von einem Kurzschluss im Umspannwerk ausgelöst worden. Wegen der großen Hitzeentwicklung konnte am Freitag in Krümmel noch nicht mit Untersuchungen begonnen werden; zudem musste ein Brandherd gelöscht werden.
Die Schnellabschaltungen hätten gezeigt, dass die „hohen Sicherheitsstandards“ funktionierten, meinte Manfred Ritzeck, energiepolitischer Sprecher der schleswig-holsteinischen CDU-Landtagsfraktion in Kiel. Es sei „unverantwortlich, mit diesen Ereignissen Ängste zu schüren“. Das sieht die Umweltschutzorganisation Greenpeace anders: Sie warnt vor Verharmlosungen. „Ein Brand kann sich über Kabel verbreitern. Sollte sich das Feuer nicht fortpflanzen, kann sich trotzdem eine Überspannung entwickeln – mit demselben Effekt: Ausfall der Reaktorsteuerung und der Notkühlsysteme“, sagte Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer der taz. Bekomme man dann die Lage nicht in den Griff, würde sich Radioaktivität ausbreiten.
„Es gab keine Verbindung zwischen dieser Trafostation und dem Reaktorteil“, sagte Vattenfall-Sprecher Johannes Altmeppen. „Wenn es im Stromnetz eines AKW Probleme gibt, kann das Rückkopplungseffekte auf sicherheitstechnische Bereiche haben“, meint hingegen Breuer. Und auch die Pressemitteilung des Konzerns ist dem Greenpeace-Mitarbeiter zu kurz gegriffen: „Beide Kraftwerke sind in einem sicheren Zustand“, heißt es da. „Es hat keine radioaktive Freisetzung stattgefunden.“ Die Schnellmessungen der Umweltschutzorganisation hätten das zwar ebenfalls ergeben. „Atomkraft ist und bleibt aber gefährlich.“ Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte denn auch, beide Pannenreaktoren „umgehend“ stillzulegen.
Das Aus für Brunsbüttel ist aber erst in knapp zwei Jahren geplant – ginge es nach Vattenfall, sogar erst Ende 2011. Der Konzern klagt nämlich gegen das Bundesumweltministerium. Denn Minister Sigmar Gabriel (SPD) hatte vergangene Woche den Vattenfall-Antrag abgelehnt, Rest-Strommengen des stillgelegten AKW Mülheim-Kärlich auf Brunsbüttel zu übertragen und damit die Betriebszeit zu verlängern. In einem zweiten Antrag fordert Vattenfall, Mengen vom jüngeren AKW Krümmel auf Brunsbüttel zu übertragen. Dass der Minister diesem Antrag zustimmen wird, ist unwahrscheinlich – gestern spottete er: „Die deutschen Atomkraftwerke sind weltweit die sichersten – nur gelegentlich brennt’s und knallt’s.“