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Archiv-Artikel

Alba ruft sich zur Ordnung

Berlins bestes Basketball-Team war zu lange dem trügerischen Selbstbild verfallen, ein großer, international erfolgreicher Basketballverein zu sein. Ein neuer Trainer soll Alba nun retten: Luka Pavicevic dürfte auf Disziplin und Spielwitz setzen

ALBA IM ULEB-CUP

Die Basketballer von Alba Berlin haben bei der Auslosung der Hauptrundengruppen des Uleb-Cups 2007/08 am Samstagnachmittag in Jesolo/Italien in Gruppe A starke Teams als Gegner erhalten. Die Albatrosse treffen auf den letztjährigen Europaligisten Joventut Badalona (Spanien), Turk Telekom Ankara (Türkei), den bosnischen Pokalsieger Bosna Sarajevo, KK Šiauliai (Litauen) sowie den britischen Pokalsieger Guildford Heat. „Mit Badalona, Ankara und Sarajewo treffen wir auf drei erwiesenermaßen starke Teams. Die anderen beiden Mannschaften sind relativ unbeschriebene Blätter. Vergleicht man unsere Gruppe mit den anderen, kann man aber zufrieden sein“, sagte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi. Für den auf 54 Mannschaften erweiterten Uleb-Cup wurden neun Gruppen mit jeweils sechs Teams gelost. Diese Gruppenphase wird mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. Die ersten drei Plätze jeder Gruppe und die fünf besten Viertplatzierten qualifizieren sich für die nächste Runde. Ab dort geht es im K.-o.-System weiter. DPA

VON TORSTEN HASELBAUER

Oberflächig betrachtet ist das Ganze nicht mehr als eine dieser fast trotzig anmutenden Personalentscheidungen. Wenn der Erfolg ausbleibt, muss eben der Trainer dran glauben. Auch Alba Berlin schert aus diesem immergleichen Ritual nicht aus. Und deshalb hat der Club seit Mitte der vergangenen Woche eine Trennungserfahrung zu verarbeiten. Der Serbe Luka Pavicevic löste Henrik Rödl als Chefcoach ab, und dessen Assistent Calvin Oldham konnte gleich mit die Koffer packen.

Alba Berlin zog damit die Konsequenzen aus einer mal wieder gründlich verkorksten Saison, die überaus frühzeitig mit dem Viertelfinal-Aus in den Play-off-Spielen zur deutschen Meisterschaft endete. Dank einer verdienten 0:3-Niederlage verabschiedete sich der Hauptstadtverein nämlich ebenso schnell wie unspektakulär aus dem Titelrennen. Und das gegen einen mit viel Geld hoch gezüchteten Dorfverein aus Quakenbrück, der selbst mit seinem angestrengt englisch anmutenden Namenszusatz „Artland Dragon“ seine tiefe sportliche Provinzialität nicht verbergen kann.

Saisonziel wieder verfehlt

Alba blieb damit bereits zum vierten Mal in Folge hinter dem selbst ausgegebenen Saisonziel zurück, die deutsche Meisterschaft zu erringen. Spätestens mit der deutlichen Niederlage gegen Quakenbrück offenbarte sich jedoch das eigentliche Grundübel des ehemaligen Serienmeisters. Alba war noch immer dem trügerischen Selbstbild verfallen, ein großer, international erfolgreicher Basketballverein zu sein.

Zwar konnten die Berliner in der Vergangenheit mit dieser Selbsttäuschung recht gut leben, weil keiner in der Stadt diesen Irrtum ansprach und man sich damit arrangierte. Doch seit einem guten Monat setzte sich im Verein offenbar die Selbsterkenntnis durch, dass es so nicht weitergehen konnte. Alba war nicht weniger als aus der Balance geworfen.

Erster Modernisierungsverlierer dieser späten Einsicht ist nun also Henrik Rödl. Er trainierte seit Januar 2005 den Verein. Der 38-Jährige galt als beliebt und hatte in Berlin einen besonderen Status: Rödl war eine Art populärer Populist, eine Identifikationsfigur für den Verein und die leidgeprüften Fans. Doch den ersehnten Erfolg, die deutsche Meisterschaft, konnte der ehemalige Alba-Spieler nicht einlösen.

Profis aus den USA

Rödl setze auf eine sportliche Werkgruppe aus vornehmlich US-amerikanischen Profis. Damit saß auch er der wundersamen Täuschung auf, dass eine bestimmte ethnische Herkunft von Sportlern quasi zwangsläufig eine Erfolgsgarantie mit sich bringen würde. Nicht weniger als sechs amerikanische Spieler und einer, der dort ausgebildet wurde, standen zuletzt im Alba-Team.

Mit der Verpflichtung des 39-jährigen Serben Luka Pavicevic als Trainer wird nun diese US-Fixierung ein Ende haben. Pavicevic gilt als ein Trainer aus der seit den 80er-Jahren fast zum Mythos erhobenen jugoslawischen Basketballschule. Sie vereint die zentraleuropäisch anmutenden Tugenden von strenger Disziplin, Kontrolle und Ordnungssinn mit den eher südeuropäischen Fertigkeiten von Spielwitz, Fantasie und echter, spontaner Freude am Spiel.

Neue Mischung

Gerade diese Mischung wird Pavicevic nun auch bei Alba anstreben, zumal diese bei seiner letzten Trainerstation in Panionios Athen so trefflich aufging. Für die vier Amerikaner, deren Verträge bei Alba nun auslaufen, wird es schwer, den komplexen Anforderungen des neuen Coachs zu genügen. Eine Trennung von dem US-Quartett in den kommenden Tagen wäre deshalb keine große Überraschung.

„Alba ist ein Projekt“, erklärte der Serbe bei seiner Vorstellung in der vergangenen Woche. Wohl treffend umschrieb er damit seine Trainerphilosophie in den nächsten drei Jahren, denn so lang gilt sein Vertrag. Pavicevic ist, wie viele Jugoslawen, ein Mann von Welt. Er wird mit seinen Spielern englisch reden. Sein kultureller Horizont ist weit gefasst und endet nicht an der Seitenlinie einer schnöden Berliner Turnhalle. Damit repräsentiert Pavicevic schon längst das, wo sich Alba in Zukunft am liebsten sehen möchte – auf dem internationalen Basketballparkett und möglichst weit weg von bitteren Niederlagen in der tiefen deutschen Basketballprovinz.