harley days : Schrei nach Liebe
Die Russen sind da! Ein Dröhnen und Rumpeln wie von Panzerkolonnen dröhnt am Sonntagvormittag durch die Stadt. Das langsam zu sich kommende Bewusstsein braucht ein paar Augenblicke, um die richtige Interpretation des Lärms zu finden: Hamburg hat Harley Days. Das ist an sich nichts Schlimmes, geht wie alle Krankheiten vorüber und wird von uns gerne geduldet, so es denn den Ruf dieser schönen Stadt mehrt. Nur: Ginge es denn nicht etwas leiser?
STÖRZEILE VON GERNOT KNÖDLER
Nein. Geht es nicht. Harleys und Werner-Schüsseln müssen laut sein, das gehört zu ihrem Wesen. Es offenbart die Seelenqual ihrer Fahrer, denn der Krach schreit: Hier bin ich! Bitte, nimm mich wahr! Wer mit der Lautstärke eines Presslufthammers an Passanten vorbei knattert, zieht die Blicke auf sich: Schau, was für eine geile Maschine! Kuck mal, mein Stahlhelm! Hab ich nicht ’ne scharfe Braut?
Lärmen verleiht Macht. Mit knallendem Auspuff an ungeschützten Fußgängern vorbei zu rollen, ist ein Akt der Aggression. Er zwingt die anderen zur Aufmerksamkeit. Zusammen mit der martialischen Aufmachung der Fahrer dient der Krach einzig der Einschüchterung.
Wer in sicht ruht, wer mit sich selbst im Reinen ist, wer als Kind gehegt wurde, der hat das nicht nötig. Harley Days sind eine einzige Bettelei um Anerkennung, ein lauter Schrei nach Liebe.