: Soziale Ächtung senkt Strafmaß
Amtsgericht verurteilt einen 57-jährigen Lehrer wegen des Besitzes von Kinderpornografie zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. Strafmildernd wirkten die Suspendierung des Mannes und das öffentliche Interesse an dem Fall
Zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung mit der Auflage, 4.000 Euro an den Kinderschutzbund zu zahlen: So lautet das Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück gegen einen 57-jährigen Lehrer aus Bramsche im Landkreis Osnabrück wegen des Besitzes mehrerer hundert Dateien mit kinderpornografischem Inhalt.
Der Realschullehrer, so hatte eine Hausdurchsuchung im September vergangenen Jahres ergeben, hatte auf drei Computern Bilder und Videos gespeichert, die eindeutig kinderpornografischen Inhalts waren. Zusätzlich war ihm vorgeworfen worden, diese Dateien über die Internet-Tauschbörse „E-Mule“ und das Chat-Programm „Hello“ verbreitet zu haben. Dies war jedoch nicht zu beweisen. Zwar ergaben Auswertungen, dass andere Nutzer über „E-Mule“ insgesamt 18 Gigabyte Daten vom PC des Angeklagten herunter geladen hatten. Doch welchen Inhalt diese hatten, konnte nicht bestimmt werden.
Zudem, so die Richterin in der Urteilsbegründung, „war es für uns nicht feststellbar, ob dem Angeklagten die Möglichkeiten zur Verbreitung der Dateien überhaupt bekannt waren. Auch wir hier vor Gericht mussten uns das Programm erst eingehend erläutern lassen.“
Mit ihrem Strafmaß ging die Richterin dennoch über das hinaus, was die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Der Anklagevertreter hatte auf eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten plädiert, die in eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 60 Euro umzuwandeln sei. Die Taten des Angeklagten hätten sich „in seinem Kopf und in seinem Zimmer“ abgespielt. Anders als beim Diebstahl gebe es keine geschädigten Dritten. Der Verteidiger des Angeklagten unterstrich zudem, es sei nur die individuelle Schuld seines Mandanten zu prüfen. „Ich vertrete nicht die These, dass durch den einzelnen Täter der Markt für Kinderpornografie erst geschaffen wird.“
Diese Meinung machte sich das Gericht jedoch nicht zu eigen und machte dies durch die Bewährungsauflage deutlich, nach der der Verurteilte 4.000 Euro an den Kinderschutzbund zu zahlen hat.
Aufgeflogen war der Realschullehrer durch Ermittlungen der britischen Metropolitan Police gegen einen englischen Staatsbürger, mit dem der Lehrer über ein Chatprogramm Kontakt pflegte. Mit Bekanntwerden der Ermittlungen wurde der 57-Jährige vom Dienst suspendiert. Dies wertete das Gericht nun ebenso als strafmildernd wie das öffentliche Interesse an dem Fall und die Verbreitung durch die örtliche Presse. Dadurch, so hieß es in der Begründung, habe der Angeklagte eine „soziale Ächtung“ erfahren, die er zusätzlich zu der strafrechtlichen Verurteilung zu tragen habe. BJÖRN DIECKMANN