WAS SICH UNTER GORDON BROWN FÜR DIE BRITEN ÄNDERT – UND WAS NICHT : Gefahr für die innere Sicherheit
Jetzt haben sie zum ersten Mal eine Nacht zusammen verbracht: der britische Premier Gordon Brown und US-Präsident Bush, den er in dessen Feriendomizil in Camp David besuchte. Anderthalb Jahre, bis zu Bushs Abgang, muss es das ungleiche Paar nun miteinander aushalten. Aber haben die beiden, außer ihren Initialen, etwas gemeinsam?
Browns Vorgänger Tony Blair hatte Bush schon bei der ersten Begegnung quasi die Cowboystiefel geleckt. Von Gordon Brown war ein anderer Stil zu erwarten gewesen. Wer sich aber erhofft, dass sich Großbritannien stärker von den USA abnabelt, der wird enttäuscht werden. Die beiden Kabinettsmitglieder, die US-kritische Töne von sich gaben, sind von Brown rasch zur Ordnung gerufen worden. Vor allem im Irak kann er sich keinen Alleingang erlauben. Aber auch da, wo er auf Distanz gehen könnte, tut er es nicht: So dürfen die USA den Luftwaffenstützpunkt Menwith Hill in Yorkshire für ihr Raketenabwehrsystem benutzen, die britischen Atom-U-Boote werden mit Hilfe US-amerikanischer Technologie erneuert, und die beiden neuen Flugzeugträger werden mit Chinook-Hubschraubern und Kampfflugzeugen made in USA ausgerüstet.
Es ist der Stil, der sich mit Browns Amtsübernahme geändert hat, nicht die Politik. Innerpolitisch will Brown die Macht des Staates sogar noch ausweiten: Personalausweise mit biometrischen Daten, Aushebelung der Demonstrationsfreiheit und des Briefgeheimnisses, automatische Erfassung aller Autos auf Autobahnen und in Innenstädten, Anwendung von Antiterrorgesetzen auf Umweltschützer und die Ausdehnung der Internierung ohne Anklage sind geplant.
All das kann Brown sogar durchsetzen. Denn ihm droht, im Gegensatz zu Blair, vorerst keine Rebellion der Hinterbänkler. Die müssen nämlich damit rechnen, dass Brown aufgrund der für ihn günstigen Meinungsumfragen im nächsten Frühjahr vorgezogene Wahlen ansetzt. Ein starker Premierminister ist der Garant für viele Unterhaussitze. Das macht Brown zu einer größeren Gefahr für die bürgerlichen Freiheiten, als Blair es in seiner letzten Amtszeit war. RALF SOTSCHECK