Die popmusikalische Quadratur des Kreises

ERSTVERÖFFENTLICHUNG Das Berliner Trio Metryk stellt mit „Gold of Pleasure“ sein erstes, rundum gelungenes Album vor

Wichtig ist, wie der Ton klingt. Welche Stimmungen er erzeugt, welche Gefühle er evoziert

Gedämpft klopft der Rhythmus wie von 20.000 Meilen unter dem Meer. Flirrende Keyboards zittern durch ferne Galaxien. Beruhigend massiert der Bass die Eingeweide. Die Stimme schließlich, fest und doch feengleich, hebt ab in eine Zwischenwelt, so nah und auch so fern.

Okay, es sind nur sechs Stücke. Man muss also jetzt nicht dringend ins allzu besinnungslose Schwärmen geraten. Aber diese sechs Stücke auf „Gold of Pleasure“, der ersten Veröffentlichung von Metryk, die sind schon ziemlich vielversprechend. Elektronische Popmusik, die sofort ins Ohr geht, aber noch genug Geheimnisse vorrätig hält, um ein wenig länger interessant zu bleiben.

Das Trio hat keine besonders erwähnenswerte Vergangenheit, könnte aber eine interessante Zukunft besitzen. Hanna Schulze singt, Arne Peleikis bedient den Bass und Falk Andreas Synthesizer und Schlagzeug. Alle drei leben in Berlin. Schulze betrieb früher ein Soloprojekt namens The Love, die männlichen zwei Drittel von Metryk haben mal in einer Hardcore-Band namens Shine Bright gespielt. Zu hören ist das auf der Debüt-EP zum Glück kein bisschen. Denn Metryk machen Musik, die Wut nur vom Hörensagen kennt, ein eiliges Tempo für überflüssig hält und eine verzerrte E-Gitarre nun wirklich nicht gebrauchen kann.

Stattdessen gehören Metryk hörbar zu einer Generation von Musikern, die das immer noch grassierende Klischee, dass elektronische Schaltkreise im Vergleich zu traditionellen Instrumenten emotional minderbemittelt seien, nicht mal mehr als Vorurteil anzuerkennen gewillt ist. Wie der Ton erzeugt wurde, ob mit einer akustischen Gitarre oder am Computer, das ist herzlich egal. Wichtig ist, wie der Ton klingt. Welche Stimmungen er erzeugt, welche Gefühle er evoziert. Wichtig sind die Harmonien, die auf „Gold of Pleasure“ immer weich und einladend klingen, aber niemals süßlich. Und die Melodien, die episch sind und doch verhalten, nicht aufdringlich, aber doch immer wieder sehr berückend.

So gelingt Metryk das, womit einst Portishead oder Massive Attack zu Recht sehr berühmt wurden, nämlich die popmusikalische Quadratur des Kreises: einerseits die Balance zu finden zwischen Kuscheligkeit und Kühle, andererseits eingängig zu sein, ohne populistisch zu werden. Das ist ein Erfolgsrezept, das sich auch zwei Jahrzehnte später immer noch erstaunlich gut anhören lässt. Wenn auch vorerst nur in diesen ersten sechs Stücken, aber immerhin.

THONAS WINKLER

■ Metryk: „Gold of Pleasure“ (Duchess Box/Ingrooves)