: Kohle für die Welt
ENERGIE Der Export deutscher Kraftwerke wird auf Druck von Sigmar Gabriel weiterhin gefördert – unter Bedingungen, die der Industrie kaum wehtun
BERLIN taz | Es war ein klares Ziel, das Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) im Sommer beim Klimagipfel der Vereinten Nationen verkündete. Deutschland werde sich dem Beispiel anderer Länder anschließen und künftig den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland nur noch in seltenen Ausnahmefällen mit öffentlichen Mitteln fördern.
Doch daraus wird nichts. Während die Finanzierung von Kohlekraftweken im Rahmen der Entwicklungshilfe tatsächlich weitgehend eingestellt wird, können Unternehmen über zwei Töchter der staatlichen KfW-Bank weiterhin Garantien für Kredite bekommen, wenn sie im Ausland Kohlekraftwerke bauen. Darauf haben sich die zuständigen Staatssekretäre am Montag geeinigt; eine endgültige Bestätigung durch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stand am Dienstag noch aus.
Ebenso wie der Wirtschaftsflügel der CDU/CSU hatte Gabriel darauf gedrängt, an den Exportkreditgarantien festzuhalten. Viele Länder planten den Bau neuer Kohlekraftwerke, und deutsche Unternehmen könnten dafür sorgen, dass diese besonders effizient seien, sagte er am Dienstag. „Es wäre geradezu verrückt, wenn das Land, das die modernsten Kraftwerke baut, diese dann nicht mehr exportiert.“
Klimaschutzstrategie nötig
Die Kreditgarantien sollen künftig an bestimmte Kriterien geknüpft sein. So müssen die Länder, in denen die Kraftwerke entstehen sollen, eine Klimaschutzstrategie haben, die im Einklang mit dem 2-Grad-Ziel der Vereinten Nationen steht. Zudem müssen die Kraftwerke einen bestimmten Effizienzgrad haben: Braunkohlekraftwerke müssen mindestens 43 Prozent der eingesetzten Energie in Strom verwandeln, Steinkohlekraftwerke 44 Prozent. Darüber hinaus sollen die Kraftwerke auf die sogenannte CCS-Technik nachgerüstet werden können, bei der das entstehende Treibhausgas Kohlendioxid abgefangen und unterirdisch verpresst wird.
Für die Industrie dürften die technischen Anforderungen allerdings kein großes Problem sein. Die Grenzwerte von 43 und 44 Prozent sind genau jene, die der zuständige Branchenverband VDMA in Stellungnahmen an das Wirtschaftsministerium, die der taz vorliegen, vorgeschlagen hatte. Und auch beim Thema CCS ist das Wirtschaftsministerium der Branche entgegengekommen: Während in ersten Entwürfen noch gefordert wurde, dass förderungsfähige Kraftwerke bereits die räumlichen und technischen Voraussetzungen für die CO2-Abscheidung erfüllen müssen, ist jetzt nur noch gefordert, dass sie theoretisch nachrüstbar sind.
Für die Grünen kritisierte die klimapolitische Sprecherin Annalena Baerbock die Pläne als „Augenwischerei“. Neu gebaute Kohlekraftwerke würden über Jahrzehnte Treibhausgase ausstoßen. „Die Bundesregierung zementiert damit die globale Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Kohle“, sagte Baerbock. MALTE KREUTZFELDT