LESERINNENBRIEFE
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Blöd, aber clever genug

■ betr.: „Polit-Esoteriker aller Länder, vereinigt euch!“, „Frieden mit Wirrköpfen“, taz vom 15. 12. 14

Stefan Reinecke versucht die Demonstranten als Polit-Esoteriker, Paranoiker zu verteufeln, die nur „USA böse, Russland gut“ stammeln können. Christian Jakob sieht die Demonstranten als einen Haufen von Wirrköpfen. Zur Bestätigung ihrer Einschätzung werden einzelne Personen und ihre Taten dargestellt, die auf den Verlauf der Demonstration wenn überhaupt nur marginalen Einfluss hatten.

Kritische Würdigung der Demonstration hätte bedeutet, die Kritik der Demonstranten an der Nato allgemein und insbesondere gegenüber Russland, an den kriegstreibenden Äußerungen des Bundespräsidenten, an der Unfähigkeit der Politiker, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen, an den wahnsinnigen Kosten für militärische Mittel bei immer größer werdender Armut in der Welt ernst zu nehmen.

Die Demonstration ernst zu nehmen hieße vor allem, den Beitrag von Eugen Drewermann ganz oder zumindest in Teilen zu drucken, anstatt ihn gänzlich zu verschweigen. Kritischer Journalismus sollte sich nicht mit der Feststellung begnügen: Ihr blöden Demonstranten lauft politischen Rattenfängern hinterher. Diese „blöden“ Demonstranten sind clever genug zu erkennen, dass die Äußerungen von Eugen Drewermann zur bundesrepublikanischen Wirklichkeit viel angemessener sind als die Äußerungen unseres Bundespräsidenten zur Militarisierung und zum Wahlkampf in Thüringen. Diese Demonstranten sind auch clever genug, Teile der Gauck-Parodie als unangemessen zu verstehen.

Mit der Diskussionsveranstaltung zum Buch „Wir sind die Guten“ von Mathias Bröckers hatte die taz einen kritischen Ansatz zur Ostpolitik, zur Ukraine-Politik gemacht, der mit diesen Demonstrationsberichten wieder verschüttet wird. Um kritische Reflexion der Ostpolitik ging es den Demonstranten. Das haben die taz-Journalisten offensichtlich nicht verstanden. ULFERT KRAHÉ, Berlin

Erfreulich und bedauerlich

■ betr.: „Polit-Esoteriker aller Länder, vereinigt euch!“, „Frieden mit Wirrköpfen“, taz vom 15. 12. 14

Es ist erfreulich, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland Umfragen zufolge gegen weltweite Bundeswehreinsätze ist. Da stellt sich allerdings die Frage, wie groß der Anteil derer ist, der sie aus nationalistischen Motiven heraus ablehnt, weil dabei deutsches Blut vergossen werden könnte.

Wie dem auch sei, die „alte Friedensbewegung“ hat es tatsächlich trotz aller Bemühungen und vieler Aktivitäten, über die viele Medien leider nicht berichtet haben, nicht geschafft, die das Militär ablehnende Stimmung in der Bevölkerung aufzugreifen und Menschenmassen wie zur Hochzeit der Friedensbewegung zu animieren, für Abrüstung und Frieden auf die Straße zu gehen oder sonst wie ihre Meinung zu äußern. Es gibt aber auch einen bedeutenden Unterschied zu den 1980er Jahren: Damals wurden in Deutschland zunehmend Atomwaffen stationiert, vor denen viele Menschen Angst hatten und die sie deshalb nicht im Lande, sprich vor ihrer Haustür haben wollten. So gingen viele Menschen aus einer direkten Betroffenheit heraus auf die Straße, die es so heute nicht mehr gibt, was dann eben viele Menschen veranlasst, sich nicht gegen weltweite Bundeswehreinsätze und für Abrüstung einzusetzen.

Das ist sehr bedauerlich, denn wie Kriege unter anderem durch Rüstungsproduktion und -export und die Vorbereitung der weltweiten Bundeswehreinsätze hier beginnen („War starts here“), muss auch Frieden durch Einstellung derselben hier anfangen.

JOACHIM FISCHER,

Sprecher der Pusdorfer Friedensgruppe, Bremen

Stammtisch bekommt Frischluft

■ betr.: „Ich geh ooch ma zum Döner“, taz vom 17. 12. 14

die fortgesetzte penetrante suche nach neo/nazis bei pegida nervt! der deutsche stammtisch ist auf den straßen dresdens unterwegs und es ist gut, dass der mal an die frische luft kommt. und irgendwann wird es dem dann auch zu kalt draußen.

EBERHARD B. PLUEMPE, Bremen

Ängstliche PatriotInnen

■ betr.: „PatriotInnen kriegen ordentlich Kontra“, taz vom 13. 12. 14

Wenn man überhaupt pauschal auf etwas stolz sein sollte, was nicht mit der eigenen Leistung zu tun hat, dann war das ein gewisses Niveau, wie in Deutschland kontroverse Debatten geführt worden sind. Es ist dabei auch legitim, wenn auch Rechtskonservative eine Stimme haben, um sachlich hart zu streiten. Leider haben wir aber mit Pegida und der AfD ein Niveau unterschritten, wie es in Frankreich oder Österreich durch rechtsradikale Parteien schon Normalität geworden ist.

„Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, rufen diese „Patrioten“, dabei sind es ja gerade sie selbst, die das offene demokratische Deutschland der Gegenwart nicht wirklich mögen. Sie sagen, sie hätten Angst vor Islamterror, verbünden sich dabei mit „deutschen“ Krawallbrüdern, und die reale Angst ist eher, dass uns bei der nächsten WM ein Boateng oder Özil zum Titel schießt oder Tochter Mandy sich mit Omar paart, als dass ein paar Salafisten in Europa das Kalifat ausrufen. MARKUS MEISTER, Kassel