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Archiv-Artikel

Jukebox

Wunderliche Schwestern

CocieRosie – so nennen sich die Schwestern Bianca und Sierra Casady, seit sie zusammen Musik machen. Früher waren sie mit ihren Hippie-Eltern durch die USA gezogen und als Teenies dann voneinander getrennt worden. Knapp zehn Jahre später fanden sie sich wieder und entdeckten durch die Musik ihre gemeinsame Sprache: seltsame, leicht irre machende Klangwelten, schwebend, traum- und manchmal albtraumartig, eine Mischung aus ausgestellter Niedlichkeit und Durchtriebenheit, aus Folk, Blues, Hiphop und Oper. Es stecken ein paar große Momente in dieser Musik, die zum ersten Mal im Jahr 2004 unter dem Titel „La Maison De Mon Rêve“ veröffentlicht wurde – trotz der deutlichen Überdosis Björkhaftigkeit.

Auf dem letzten, ihrem dritten Album „The Adventures of Ghosthorse and Stillborn“ (2007) geben sich die Schwestern vergleichsweise eingängig. Den einen oder anderen Song kann man sich sogar im Radio vorstellen – geht den Casady-Schwestern doch mittlerweile ein Beatbastler zur Hand und sorgt dafür, dass der Takt – anders als auf ihrem Debüt – nicht knapp an dem Moment vorbeischeppert, wo man ihn eigentlich erwartet hätte. Ihre weirdness, so wirkt es, haben die Schwestern zur mainstreamkompatiblen Marke kultiviert. Schon mit ihrem zweiten Album „Noah’s Ark“ (2005) hatten CocoRosie Anschluss an ihren musikalischen Kosmos gefunden: der enigmatische, aber brillante Sänger Antony und der psychedelische Folkie Devendra Banhart wirkten mit. Valgier Sigurdsson, Produzent von Björk und Sigur Ros, dagegen half bei ihrem aktuellen Werk – und das klingt ganz schön kalkuliert.

Auch die Legende um ihr Debüt hört sich schon nach einer sorgfältigen Inszenierung an. Eher zufällig, so erzählten die Schwestern, hätten sie „La Maison De Mon Rêve“ im Pariser Badezimmer von Sierra Casady aufgenommen. An die Öffentlichkeit gekommen sei die Aufnahme nur, weil jemand von einem Geburtstag aus, auf dem die beiden ein Ständchen gaben, den Labelchef von Touch & Go angerufen hatte. Den hatte diese Live-Übertragung angeblich sofort in den Bann gezogen.

Trotz dieser verdammt glatten Geschichte fand man auf „La Maison De Mon Rêve“ reichlich lose Enden. Anhören will man sich das zwar nur in homöopathischen Dosen, doch wenigstens machten CocoRosie seinerzeit noch nicht auf die wunderlichen Schwestern vom Dienst – sie waren ganz einfach wunderlich. Und das ist eben so anstrengend, wie es schön sein kann. STEPHANIE GRIMM