Butterfahrt wird zum Politikum

Gestern lud Wirtschaftssenator Uldall zu einer Fahrt in das Naturschutzgebiet Schwarztonnensand. Das Betreten der Elbinsel war allerdings nicht genehmigt, der Ausflug ins Grüne also rechtswidrig

VON UTA GENSICHEN

Gunnar Uldall wollte ins Grüne fahren. Deshalb stieg der Hamburger CDU-Senator für Wirtschaft und Arbeit gestern kurz vor 10 Uhr auf die Barkasse „Tidenkieker“ und nahm Kurs auf die Elbinsel Schwarztonnensand.

Mit an Bord waren etwa 15 Pressevertreter und ein paar Informationshefte über eine erneute Vertiefung der Unter- und Außenelbe. Der Ausflug bei herrlichstem Augustwetter hätte denn auch sehr schön werden können, wenn da nicht bestimmte Formalien wären, denen sich sogar ein Hamburger Senator nicht entziehen kann.

Uldall vergaß kurzerhand, das Betreten der Elbinsel bei der zuständigen Naturschutzbehörde in Stade anzumelden. „Damit hat er zu einem rechtswidrigen Betreten des Naturschutzgebietes Schwarztonnensand eingeladen“, sagt Hamburgs BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. In Stade versteht man die Aufregung allerdings nicht. „Geführte Touren durch das Gebiet dürfen genehmigt werden“, sagt der Leiter des Naturschutzamtes, Uwe Seggermann.

Die Befreiung dafür wurde dem Verein Jordsand erteilt, der sich um den Schutz der Vogel- und Pflanzenwelt auf Schwarztonnensand kümmert. So ist es nicht verwunderlich, dass auch dessen Vorsitzender Uwe Schneider die informative Butterfahrt begleitete. Jedoch lud nicht der Verein Jordsand die Medienvertreter auf die Insel ein, sondern die Hamburger Wirtschaftsbehörde.

„Solch ein Pressetross“, sagt Manfred Braasch aufgebracht, „hat einen Umfang, wo eine Ausnahmegenehmigung notwendig ist.“ Bevor die Ausnahmegenehmigung erteilt wird, muss der entsprechende Antrag allerdings den Naturschutzverbänden vorgelegt werden, die in solchen Fällen ein Beteiligungsrecht besitzen. Dieses wurde von Uldall übergangen, so dass für ihn und seine Gäste keine Genehmigung vorliegt. Das Betreten der Elbinsel verstößt damit gegen die Naturschutzgebietsverordnung und ist demnach rechtswidrig.

Dabei hätte das so genannte Pressegespräch über die ökologischen Aspekte der Fahrrinnenanpassung der Elbe allein schon genügt, um die Naturschutzverbände aufzubringen. Schließlich sollte damit der Öffentlichkeit eine weitere Vertiefung des Flusses schmackhaft gemacht werden. Diese brächte irreparable Schäden für die Natur sowie eine verstärkte Hochwassergefahr mit sich, sagt der Vorsitzende des Naturschutzbund Deutschland (NABU), Rolf Bonkwald.

Der Verein kritisiert, dass bereits bei der vorigen Elbvertiefung 1999 die Folgen unterschätzt wurden. So führte die Anpassung des Flusses an die Containerschifffahrt zu Veränderungen in der Stromgeschwindigkeit, des Tidenhubs und hatte negative Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt. Bonkwald: „Jetzt ein weiteres Mal in das komplexe System Elbe einzugreifen, wäre geradezu fahrlässig.“ Der Bestand vieler geschützter Tier- und Pflanzenarten stände mit einer neuen Vertiefung der Elbe-Fahrrinnen auf dem Spiel.

Wie gut, dass sich Senator Uldall gestern noch von dem Artenreichtum der Elbinsel Schwarztonnensand überzeugen konnte. Doch wird die Fahrt zu diesem Naturschutzgebiet wohl noch andere Folgen haben als einen Sonnenbrand auf der Nase oder schöne Erinnerungen an das satte Grün der Bäume und Gräser. So prüft der BUND derzeit die Möglichkeit einer Strafanzeige aufgrund des nicht berechtigten Zutritts. „Wie schon bei der geplanten Elbvertiefung“, sagt Landes-Geschäftsführer Braasch, „setzt sich der Senator eigenwillig über naturschutzrechtliche Bestimmungen hinweg.“