: Die ORF-Exzellenzinitiative
Sendersuchlauf (3): Yeah mit Schmäh – FM4 ist einer der besten Sender in Deutschland. Nur kommt er aus Wien
Allzu oft hat man ja nicht die Gelegenheit, Werbung zu loben. Aber jetzt ist es so weit: Auf dem österreichischen Radiosender FM4 laufen die dämlichsten Werbespots, die man je gehört hat. Sie sind unglaublich unlustig, schlecht gemacht und kleingeistig. Dadurch aber schon wieder exzellent. Jedenfalls: Dank der Exzellenz fügen sie sich in das Programm des Senders nahtlos ein.
Wer nach einer Stunde FM4-Hören immer noch denkt, die Österreicher seien schrullige Schluchtenscheißer mit seltsamen Vokabeln wie Powidl und Jänner, der hat natürlich völlig recht. Aber sie haben eben auch den besten Radiosender der Welt: FM4. Während dieser Text entsteht, läuft der Sender. Jede Minute FM4-Hören ist eine Minute am Lebensende mehr. So gut ist das, was da über Internetstream nach Deutschland gelangt. Die wenigen Glücklichen, die auch per UKW die Wohlklänge aus Wien empfangen können, wohnen in Teilen der Ostschweiz, Bayerns und Baden-Württembergs. Alle anderen seien getröstet: Es bleibt der Empfang über Satellit oder eben das Internet.
1995 wurde der zum ORF gehörende Sender als Mittel gegen die damals entstehenden Privatsender gegründet. Anfangs teilte man sich die Frequenz noch mit dem englischsprachigen Sender Radio Blue Danube, der ursprünglich für die Bewohner der Wiener UNO-City gegründet worden war.
Seit 2000 bespielt FM4 nun die vierte Frequenz des ORF 24 Stunden alleine. Nach wie vor sind viele Moderationen und Nachrichten auf Englisch oder Französisch. Das ist dem Erfolg des Senders aber keineswegs abträglich. Im Gegenteil. Denn FM4 schafft etwas, das man getrost als die Zukunft des Radios bezeichnen darf: die Fusion aus exzellentem Inhalt, einprägsamer Marke und der Vermittlung eines Lebensgefühls.
Bei der österreichischen Media-Analyse mit 4 Prozent Marktanteil zwar nur auf Platz 9 gelandet, ist der Sender gerade in der alternativen Jugendkultur fast omnipräsent. Kaum ein Festival oder Konzert in Österreich, das nicht vom knallgelben Senderlogo geziert wird. Kaum eine Studenten-WG, bei der FM4 im Küchenradio nicht eingestellt wäre. Kaum eine namhafte Band, die im vergangenen Jahr nicht bei den FM4-Radiosessions aufgespielt hätte.
Für das Hörvergnügen sorgen Kleinode wie „Salon Helga“, eine Satiresendung, die seit 1989 existiert und seither einmal wöchentlich mit dem „Modernen Gute-Nacht-Dialog“ endet: „Schlaf gut!“ – „Du auch!“ – „Ich liebe dich“ – „Du auch!“
Natürlich, es gibt auch Meckerer. Es muss sie geben. Zu schnell habe sich FM4 vom Geheimtipp zum alternativen Mainstreamradio verändert, sagen sie. Mit zehn Minuten deutschem Privatradio konfrontiert, wären diese Kritiker schnell verstummt. FM4 ist nämlich das Gegenteil vom hiesigen Dudelfunk: tiefenentspannt und unaufdringlich. Mit starkem Hang zur Schrulligkeit.
DOMINIK SCHOTTNER