piwik no script img

Archiv-Artikel

„Wir kennen das schon“

NEUJAHR Wenn die Feierlaune sich dem Ende neigt, geht für die Stadtreinigung die Arbeit erst los

Von FCK
Timo Stoll

■ 42, kommt aus Eilbek und ist seit über elf Jahren Gruppenleiter bei der Hamburger Stadtreinigung. Foto: privat

taz: Herr Stoll, was machen Sie an Silvester?

Timo Stoll: Das Gleiche wie jedes Jahr: ganz kurz anstoßen und dann arbeiten. Kurz nach Mitternacht muss ich normalerweise los, dann haben wir um 2.30 Uhr im Büro ein erstes Treffen. Bei der Stadtreinigung ist an Neujahr für uns Hochbetrieb, das ist schlimmer als beim Schlagermove. Es ist jedes Jahr das Gleiche.

Nämlich?

Es fällt eine Menge Müll an. Beim Schlagermove liegen zwar viele Becher und Getränkeflaschen herum, aber das Problem sind eigentlich die Raketen. Besser gesagt: die Stiele von den Raketen, die verfangen sich in der Kehrmaschine und müssen dann per Hand aus dem Kehrer gefischt werden. Das hält auf. Genau wie die Feuerwerksbatterien, die großen Pappwürfel, die auf der Straße stehen gelassen werden.

Wie viel Müll sammeln Sie in der Neujahrsnacht ungefähr ein?

So circa 40 Tonnen.

Die Kollegen melden sich freiwillig. Mussten Sie schon mal jemanden zum Neujahrsdienst zwingen?

Nein, wir waren zwar manchmal weniger als uns lieb war, aber bisher haben wir es immer geschafft. Diesmal sind wir mit 57 Kollegen unterwegs, davon sind wir vier Teamleiter.

Wieso melden Sie sich jedes Jahr freiwillig für die Schicht?

Ich will als Vorbild vorangehen. Wenn man selbst nicht mitmacht, kann man von seinen Kollegen nicht verlangen, die Arbeit zu machen.

Wo sind Ihre Einsatzgebiete?

Das geht unten an den Landungsbrücken los und zieht sich hoch bis zum Kiez. Da sind immer Tausende von Leuten und zünden Feuerwerk, dann im Innenstadtbereich um den Jungfernstieg und an der Binnenalster. Das sind unsere Schwerpunkte und bereiten uns den meisten Aufwand. Das dauert dann meistens bis Mittags.

Erschweren die Feiernden die Reinigung?

Nein, die Leute sind alle gut gelaunt und wollen feiern. Oft werden wir gefragt, wo oder ob es noch freie Taxis gibt oder gleich, ob wir sie nach Hause fahren können. Das müssen wir dann leider ablehnen.

Bei so viel Feierlaune kann es doch sicherlich auch unappetitlich werden.

Das ist das Schlimmste an dem Abend. Das ist zwar sehr ekelhaft, aber wir kennen das auch schon. Einer muss die Reeperbahn reinigen und es gibt da nichts, was wir nicht schon gesehen hätten. In der Neujahrsnacht ist es halt einfach nur noch ein wenig schlimmer.  INTERVIEW: FCK