: Schlammlawine begräbt Bundesstraße
Wolkenbrüche lassen im Harz in einer Stunde 50 Liter Regen auf den Quadratmeter prasseln. Mancherorts schießt das Wasser aus den Kanälen. In Schleswig-Holstein säuft ein Klärwerk ab, einem Haus steht das Wasser bis zum Dach
Im Harz hat starker Regen gestern Nachmittag eine Schlammlawine ausgelöst. Sie habe die Bundesstraße 241 zwischen Goslar und Clausthal-Zellerfeld unpassierbar gemacht, sagte ein Polizeisprecher. Eine Kreisstraße bei Wildemann wurde überflutet. Bereits am Mittwoch hatte starker Regen vor allem im Südharz und in anderen Teilen Südniedersachsens zu großen Überschwemmungen geführt. Auch in Schleswig-Holstein setzte das Unwetter am Mittwochabend in vielen Orten Straßen und Keller unter Wasser.
Einen größeren Schaden verhinderte der Wärter des Klärwerks in Satrup im Kreis Schleswig-Flensburg durch seine Geistesgegenwart. „Das Werk steht 1,20 Meter unter Wasser“, sagte Walter Behrens, der Feuerwehrchef des Kreises. Der Klärwärter habe im steigenden Wasser gerade noch den Notausschalter erreichen können. Sonst wären alle Leitungen durchgeschmort.
In Großsolt im Kreis Schleswig-Flensburg wurde ein Haus bis zur Dachrinne überflutet. „Das Haus steht in einer Senke. Es kommt langsam wieder zum Vorschein“, sagte Behrens, nachdem das Technische Hilfswerk schon seit Stunden Wasser abgepumpt hatte. Die Helfer arbeiteten die ganze Nacht durch.
Eine Schlechtwetterfront mit Starkregen und Hagelschauern war am späten Mittwochnachmittag zunächst über den Süden Schleswig-Holsteins gezogen, hatte dann für heftige Regenfälle an der Nordseeküste und schließlich rund um Flensburg gesorgt. „Nach Radarauswertungen sind in Südholstein bis zu 60 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen“, sagte Wolfgang Seifert vom Seewetteramt in Hamburg. Der Norden habe mit bis zu 30 Litern weniger abbekommen, mitentscheidend sei jedoch auch die Dauer der Niederschläge. „20 Liter in einer Viertelstunde sind schlimmer als 40 Liter in zwei Stunden“, sagte er. Viel Wasser in kurzer Zeit könne auch eine Stadt-Kanalisation überfluten.
„Wir hatten 760 Einsätze. Das ist gewaltig“, sagte Werner Stöwer vom Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein. Bei den Einsätzen verletzten sich mehrere Feuerwehrleute. Ein Retter kam ins Krankenhaus, nachdem er im Wasser einen Stromschlag erlitten hatte.
Allein im Kreis Schleswig-Flensburg habe die Feuerwehr rund 400 Mal ausrücken müssen, in Flensburg 160 Mal, sagte Stöwer. In der Stadt standen binnen Minuten Unterführungen unter Wasser, Straßen mussten gesperrt werden. Das Wasser schoss zeitweise aus der Kanalisation und drückte die Gullydeckel aus ihren Halterungen.
Nach dem Unwetter am Mittwoch betragen allein die Schäden an öffentlichen Gebäuden in Schwarzenbek im Kreis Herzogtum Lauenburg mindestens 90.000 Euro. Das schätzte ein Sprecher der Stadtverwaltung gestern. Innerhalb von nur 15 Minuten waren 30 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen.
Feuerwehrmann Stöwer ermahnte die Hausbesitzer, nicht bei jedem Tropfen Wasser gleich die Feuerwehr zu rufen. Sie könnten vorsorgen. „Dachrinnen sollten von Laub befreit werden, und in kritischen Gebieten ist eine kleine Tauchpumpe ratsam“, sagte er. DPA