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Archiv-Artikel

Worthülsen entlarvt

WAHL SchülerInnen debattieren mit den Spitzenkandidaten über deren Kernthemen

Ergebnisse der U18-Wahl

■ Bereits am Freitag fand eine symbolische Wahl für alle Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren statt. 290 Wahllokale hatten sich dazu angemeldet.

■ Nach Auszählung von 254 Wahllokalen gewannen die Grünen die Wahl mit 23,5 Prozent. Es folgten die SPD mit 21,5 Prozent und die CDU mit 11,5 Prozent. Die Linke erreichte 7 Prozent. Geht es nach den unter 18-Jährigen, ziehen außerdem die Piraten- und die Tierschutzpartei mit jeweils 9 Prozent in das Abgeordnetenhaus ein.

■ Bisher wurden 26.394 Stimmen ausgezählt. Bei der letzten U18-Abgeordnetenhauswahl 2006 hatten 13.790 Jugendliche teilgenommen. Damals gewann die SPD mit 37 Prozent. (taz)

Mehr Informationen unter: www.u18.org

Schon zum zweiten Mal lässt der Zeitnehmer die Glocke läuten: Frank Henkel hat es wieder nicht geschafft, seine Argumente für die Einstellung von 250 Polizisten in Berlin in nur einer Minute vorzutragen. Sonst aber verläuft die Debatte, die er mit einem Schüler der Bertha-von-Suttner-Oberschule führt, nach vorgegebenen Regeln. Schnellstmöglich beendet Henkel den Satz und hört wieder der Gegenrede seines Kontrahenten zu.

Auch die Spitzenkandidaten der anderen großen Parteien, Klaus Wowereit (SPD), Renate Künast (Grüne), Harald Wolf (Linke) und Christoph Meyer (FDP) waren am Montag in den BVV-Saal im Rathaus Schöneberg gekommen, um mit SchülerInnen Debatten zu politischen Fragen zu führen. Jeweils ein Schüler von „Jugend debattiert“ diskutierte dabei mit einem der Politiker, die im Vorfeld das Thema für ihre Debatten vorschlagen konnten, zu dem sie eine Fürrede halten mussten: Wowereit diskutierte die Frage „Sollen Kitas und Universitäten in Berlin gebührenfrei bleiben?“, Künast sprach sich für mehr Lehrerkräfte aus, Meyer für eine Schuldenbremse in der Landesverfassung und Wolf für einen flächendeckenden Mindestlohn.

In den Reden, die nach festgelegtem Zeitplan immer abwechselnd geführt wurden, versteckten sich die Politiker so manches Mal hinter nichts sagenden Worthülsen oder flüchteten sich in Zahlengewirr.

Doch die Schüler hatten ihre Hausaufgaben gemacht, um den Ausführungen der Berufsdebatteure etwas entgegensetzen zu können: So bekam Künast etwa von ihrem Kontrahenten kurzerhand vorgerechnet, dass 400 zusätzliche LehrerInnen in Berlin bei 706 Schulen knapp „einen halben Lehrer pro Schule“ mehr bedeuten würden und diese Forderung damit auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei – Probleme wie Unterrichtsausfall würden dadurch aber nicht gelöst.

Die Politiker zeigten sich beeindruckt und prophezeiten ihren Kontrahenten sogar eine politische Laufbahn. Bill Schneider von der Primo-Levi-Schule hat mit Christoph Meyer von der FDP diskutiert. Gut gefallen habe ihm die Argumentationsweise von Wowereit und Künast, die gut auf die Argumente der Schüler reagiert hätten – bei Henkel und Meyer sei das anders gewesen. BENJAMIN QUIRING