Professor lässt Studenten schmoren

SCHEINGEFECHT Der Bremer Student Marvin Pollock musste zwei Jahre lang auf einen Leistungsschein für ein Seminar an der Uni warten. Nun hat er seinem Ärger auf seinem Blog Luft gemacht

„Als ich in der Vorlesung ankam, begrüßte mich ein grinsender Carsten Bormann mit einem leeren Schein“

Marvin Pollock

Zwei Jahre lang wartete der Informatikstudent Marvin Pollock auf einen Leistungsschein, dann reichte es ihm. Mitte der Woche machte er seinem Ärger auf seinem Blog Luft und dokumentierte die vergeblichen Bemühungen, Professor Carsten Bormann, der das Blockseminar „Agile Webentwicklung“ an der Bremer Universität gegeben hatte, zu kontaktieren. Doch etliche E-Mails und Twitter-Nachrichten blieben unbeantwortet.

Es ist nicht das erste Mal, dass der ehemalige Pirat Dinge aus dem Studienalltag publik macht. Spätestens nachdem Marvin Pollock, 26 Jahre alt, mit seiner Entdeckung der Kameraüberwachung in der Zeit landete, ist er an der Uni kein Unbekannter mehr. Auch Eberhard Scholz, der Sprecher der Uni Bremen, kennt ihn bereits.

Laut Scholz dürfte es so lange Wartezeiten aber gar nicht geben. „Das das vorkommt, ist sehr verwunderlich“, sagt er. Denn laut Satzung der Hochschule seien derartige Fristen klar geregelt: Demnach sollten Scheine unverzüglich, spätestens aber nach vier Wochen, ausgestellt werden. „In Fächern mit vielen Studierenden wie der Wirtschaftswissenschaft kann es auch mal bis zu sechs Wochen länger dauern“, räumt Scholz ein.

Pollock beschwerte sich beim Studiendekan und entschied sich schließlich dafür, den Informatik-Professor Bormann in einer seiner Vorlesungen mit seiner Nachlässigkeit zu konfrontieren. Doch vorher kündigte er seinen Besuch noch in einer E-Mail an. „Als ich in der Vorlesung ankam, begrüßte mich ein grinsender Carsten Bormann mit einem leeren Schein“, schreibt Pollock auf seinem Blog. Was dann folgte, beschreibt er als ein „Vorführen“ seiner Person vor den anderen Studierenden. Der Student sei ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn Menschen denken, sie seien im Recht, soll der Professor Pollock zufolge gesagt haben. „Die meisten Morde passieren, weil Menschen sich im Recht sehen.“ Carsten Bormann möchte sich auf taz-Anfrage nicht zu diesen Vorwürfen äußern.

Ob eine Veröffentlichung nun der beste Weg sei, gegen die verschleppte Scheinausgabe vorzugehen, da ist sich Pollock selbst unsicher. Nach einer so langen Zeit sei es ihm aber irgendwann egal gewesen. Sie sei vielmehr Mittel zum Zweck, ein bisschen Druck aufzubauen, um den Schein zu bekommen, aber auch, um anderen Studenten zu informieren.

Immerhin habe es gewirkt. Der Schein sei inzwischen im Prüfungsamt eingegangen, sagt der Informatikstudent.  LKA