Nahrhafte Ballsicherheit

Werder Bremen kann seinen Aufwärtstrend mit einem 2 : 1-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt fortsetzen. Trotz kollektiver Leistungssteigerung war einmal mehr Diego für den Erfolg entscheidend

von Ralf Lorenzen

Die Zeiten, da Fußballfans ihre Gesänge und Sprechchöre selbst kreieren, nähern sich langsam dem Ende. Die Werder-Hymne wird längst schon zum gefälligen Mitsingen vom Band eingespielt und vor dem 2 : 1 Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt übte der Stadionsprecher mit den Werder-Fans eine neue Replik auf das „Danke“ nach der Ansage des Spielstandes durch das Publikum. Das schlichte „Bitte“ könne doch jeder, und eine schöne Alternative mit Lokalkolorit wäre doch: „Da nich’ für“. Bei der Probe klappte das neue Wechselspiel genauso gut, wie kurze Zeit später endlich auch wieder Werders Spielzüge im Mittelfeld.

Die Frankfurter, die hier vor dreieinhalb Monaten Werders Meisterträume zum Platzen gebracht hatten, waren 85 Minuten lang ein dankbarer Partner bei Werders Bemühen, den Aufwärtstrend der letzten Woche fortzusetzen. Entweder sie beherzigten die mahnenden Worte von Bayern-Manager Uli Hoeneß hinsichtlich übertriebener Härte in der Liga oder sie wollten nicht schuld sein an der Verlängerung der Bremer Verletztenliste: die Mannen des früher für seine robuste Spielweise bekannten Friedhelm Funkel gingen eher defensiv in die Zweikämpfe.

Auf der anderen Seite gewannen die Bremer zusehends die Sicherheit, die ihnen lange gefehlt hat. „Da waren einige schöne Ball-Passagen dabei“, resümierte Werder-Trainer Thomas Schaaf nach dem Spiel zufrieden. „Unsere Ballsicherheit ist wieder da, das ist für uns ein ganz wichtiges Brot. Denn in unserem Spielsystem stehen wir mit unserer Viererkette sehr hoch.“ Außer einer Chance von Ioannis Amanatidis, der nach einem der wenigen Ballverluste plötzlich frei vor Tim Wiese auftauchte, ließen die Bremer in der ersten Halbzeit keine gefährlichen Konter zu.

Thomas Schaaf, dem man in den letzten Wochen die Sorgen um seine Mannschaft angemerkt hatte, wirkte bei der Analyse gelöst wie lange nicht mehr – wohl auch, weil der Stimmungspegel in der Mannschaft nach Wechselgelüsten und Maulwurfaffäre wieder nach oben zeigt: „Man spürt, dass wir durch die letzten zehn Tage enger zusammengerückt sind, alles greift wieder mehr ineinander bei uns“, sagte Schaaf.

Trotz unübersehbarer Leistungssteigerungen besonders bei Pasanen, Vranjes und Naldo entschieden die Leistungsträger der letzen Wochen auch dieses Spiel. Dabei zeigte Diego innerhalb von zehn Minuten drei Aktionen, die als „brasilianischer Hattrick“ in die Annalen eingehen könnten. Zuerst lief er in Naldo-Manier dem schnellen Amanatidis im eigenen Strafraum den Ball ab, dann leitete er ein halbhohes Zuspiel präzise mit dem Rücken weiter, um schließlich die Kopfballvorlage für das 1 : 0 durch Boubacar Sanogo zu geben.

Als die Fans nach Pasanens wunderschönem Freistoßtreffer mit dem Klassiker „Der SWW ist wieder da“ bereits die Rückkehr zu glanzvollen Zeiten feierten, genügte eine Unachtsamkeit in der Abwehr, um nach Thurks Anschlusstreffer doch noch einmal für fünf lange Minute den Atem anhalten zu müssen. Und jetzt war es wieder einmal Tim Wiese, der mit einer Weltklasse-Parade gegen Alex Meier den Sieg festhielt. „Ich hatte schon früh gesehen, dass ich diesen Ball noch um den Pfosten lenken muss“, sagte er gewohnt cool.

Die Fans in der Ostkurve waren vom Auftritt ihrer Mannschaft so verzückt, dass sie das anfangs eingeübte neue Drehbuch komplett vergaßen. Nach beiden Toren beantworten sie die Danksagung des Stadionsprechers nach alter Sitte mit einem schlichten „Bitte“.